Experten schlagen Alarm: Mercedes leidet unter Gewinneinbruch

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Mercedes musste für das erste Halbjahr 2025 einen massiven Gewinneinbruch von 55,8 Prozent hinnehmen.
Im ersten Halbjahr 2025 verzeichnete Mercedes einen dramatischen Gewinnrückgang von 55,8 Prozent.

Die Zeiten, in denen der Mercedes-Stern strahlend erblühte, scheinen offenbar vorbei zu sein. Laut den jüngsten Zahlen hat der Autobauer im Vergleich zum Vorjahr einen Gewinneinbruch von massiven 55,8 Prozent hinnehmen müssen – die Zahlen sanken von zirka 6,1 Milliarden Euro auf nur noch rund 2,7 Milliarden Euro, wie der Hersteller berichtet. Sinkende Verkaufszahlen, schwache Geschäfte in China und wenig erfreuliche Zahlen für Elektroautos setzen Mercedes-Benz extrem unter Druck.

Der CEO von Mercedes, Ola Källenius, spricht trotz der aktuellen Herausforderungen von einem „robusten Finanzergebnis“ und blickt optimistisch in die Zukunft. Doch während das Unternehmen mit Sparmaßnahmen und neuen Modellstrategien arbeitet, fragen Experten, ob der Ansatz des Stuttgarter Herstellers wirklich zielführend ist. Hinter den beeindruckenden aber problematischen Zahlentürmen könnten tiefere strukturelle Schwierigkeiten lauern.

Marktexperte Wulf Schlachter, Gründer des Ladeinfrastruktur-Unternehmens DXBe Management, vermutet, dass Mercedes an einem kritischen Punkt angelangt ist. So hat offenbar der Luxusfokus in China nicht mehr die gewünschte Wirkung, weil sich die Definition von Luxus hin zu Technologie, digitalen Services und Nutzererfahrung wandelt. Ganz traditionelle Werte reichen mittlerweile nicht mehr aus. Seamless und innovative Technologien sind angesagt. Ohne grundlegendes technologisches Update könnte der Luxusfokus sich als schädlich erwiesen. Schlachter bemängelt zudem, dass Mercedes nicht angesichts der E-Autos die richtige Richtung einschlägt – die Mischung aus Verbrennern und Elektroantrieben wirkt kaum fokussiert.

Frank Schwope, Professor für Automotive Management, äußert ähnliche Sorgen. Die Luxusstrategie mag kurzfristig erhebliche Margen bieten, aber dabei verliere das Unternehmen an Stückzahlen und damit an Erträgen. Insbesondere die E-Mobilität übe starken Druck auf bewährte Hersteller aus: „Die Elektromobilität zerreißt die Branche“ unterstreicht er – und Mercedes ist dabei nicht die Ausnahme. Schwope warnt auch davor, dass das bevorstehende autonome Fahren eine weitere Herausforderung darstellen könnte, dabei sieht er zwingend Austausch undKooperationen als Lösungsansatz.

Der Umsteig auf Elektromobilität bereitet Mercedes und anderen deutschen Autobauern große Probleme.
Der Übergang zur Elektromobilität hat sowohl Mercedes als auch anderen Automobilherstellern in Deutschland große Schwierigkeiten bereitet.

Ferdinand Dudenhöffer, für das Center Automotive Research verantwortlich, nennt den Markt in China einen entscheidenden Faktor für die Schwierigkeiten von Mercedes. „Keiner der deutschen Hersteller, auch nicht BMW, kann dort wirkungsvoll agieren“ so Dudenhöffer. Es hoffen nun alle auf das zukünftige Modell CLA, das möglicherweise mit einer Reichweite von 800 Kilometern aufwarten wird. Aber Sparmaßnahmen seien nötig, da Mercedes unter der Marke von zwei Millionen Fahrzeugen pro Jahr bleibt. „Deutschland wird zu teuer“, gibt er zu bedenken – daher sei die Verlagerung von Produktionsstätten ins Ausland gerechtfertigt. In Hinblick auf die künftige Innovationsfähigkeit sieht Dudenhöffer gemeinsame Kooperationen mit Technologiefirmen wie Huawei, Tencent oder Xpeng als Schlüssel zum Optimismus.

Stefan Reindl, CEO des Instituts für Automobilwirtschaft, meint ebenfalls, dass die Grundstrategie von Mercedes nach wie vor korrekt ist – aber mit einigem Vorbehalt. „Die ‚Luxury First‘-Strategie macht Sinn, sofern sie mit Innovation verknüpft wird“, sagt er. Insbesondere auf dem chinesischen Markt muss Mercedes schnell handeln, um lokalere Designs und günstigere Modelle anzubieten. Die EQ-Serie hat solid gerügte Qualitäten, hinkt jedoch softwaremäßig hinter der Konkurrenz hinterher. Reindl betrachtet die Abschlüsse von Einsparungen nicht als Rückzug im Bereich Innovation; er glaubt, dass neue Plattformen wie MMA und das Betriebssystem MB.OS die Skalierbarkeit und digitale Stärke mit sich bringen können.

Matthias Schmidt, der Schmidt Automotive Research gegründet hat, kritisiert die Richtung von Mercedes scharf. „Der Sprung in die absoluten Luxussegmente erwies sich schnell als Misserfolg“ urteilt er. Die Leasingaktionen für den CLA erscheinen ihm wie ein Ausdruck von Verzweiflung. Der Einsatz von günstigeren LFP-Batterien stehe im direkten Konflikt mit der alten Markenphilosophie „Best or Nothing“. Im direkten Vergleich mit der neuen Strategie von BMW (Neuen Klasse) sei Mercedes technologisch ins Hintertreffen geraten; bei BMW würden gezielte Investitionen in Zelltechnik getätigt – Mercedes agiere dagegen oft unverbindlich und inkonsequent.

Insgesamt sehen die Branchenexperten Mercedes unter enormem Druck. Während einige auf neue Plattformen und Kooperationen hoffen, erinnern andere an die grundlegenden Schwächen in der Strategie des Unternehmens. „Die Zukunft wird durch die Kombination von skalierbarer Elektromobilität, softwaregesteuerten Innovationen und globaler Wettbewerbsfähigkeit geprägt“, erklärt Schlachter abschließend. Ob der Konzern letztlich die notwendigen Schritte gehen kann, ist ungewiss – aber die Aussicht auf profitables Wachstum schwindet mehr und mehr.

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