Volker Geyer über die Herausforderungen im Beamtenbund: „Die Leute sind am Limit“

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Hallo Herr Geyer, Sie sind jetzt der neue Bundesvorsitzende des DBB. Kaum in Ihrem neuen Job, geraten Sie schon mit der Bundesarbeitsministerin wegen ihres Vorschlags aneinander, dass Beamte in die Rentenkasse einzahlen sollten. Suchen Sie die Auseinandersetzung?

Ich habe nicht nach einem Streit gesucht. Wenn Bärbel Bas

Es könnte weniger teuer sein, wenn nicht alle Beamten gleichzeitig übernommen werden. Auch CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann äußert, dass wir das Rentenproblem nicht klären können, ohne über die Altersversorgung von Beamten zu reden.

Ich verstehe die Argumentation nicht. Herr Linnemann sollte das Grundgesetz noch einmal durchsehen. Dort werden die bestehenden Grundsätze des Berufsbeamtentums geschützt und dazu gehört natürlich auch die Altersversorgung. Der Staat fordert von den Beamten besondere Loyalität und erhält dafür im Gegenzug die Pflicht, für ihre Fürsorge zu sorgen. Umso mehr, da ständig neue Aufgaben auf die Beamten zukommen, ohne dass ausreichend Personal vorhanden ist.

Volker Geyer ist Bundesvorsitzender des Deutschen Beamtenbundes.
Volker Geyer, der neue Bundesvorsitzende des Deutschen Beamtenbundes.

Jährlich befragen Sie Ihre 41 Mitgliedsgewerkschaften, reicht das Personal für die Aufgaben? Haben Sie schon Zahlen für 2025?

Aktuell fehlen uns laut unseren Schätzungen 600.000 Beschäftigte im öffentlichen Dienst – so viele wie noch nie! Vor allem bei der Bundespolizei, im Zoll, in Schulen, Pflegeheimen und der Justiz ist der Bedarf an Personal besonders hoch.

Die Bundespolizei hat wieder mit Grenzkontrollen zu tun. Die DPB, also die Deutsche Polizeigewerkschaft, verteidigt diese Kontrollen. Doch jetzt klagen Sie über Personalmangel. Ist das nicht widersprüchlich?

Nein, kein Widerspruch. Es gibt durchaus gute Gründe, Grenzkontrollen hinzunehmen. Die Politik muss jedoch auch sicherstellen, dass das dazugehörige Personal bereitgestellt wird.

600.000 neue Mitarbeiter sind unrealistisch. Wo können Sie reduzieren?

Ich erwarte von der Bundesregierung, dass sie hinter jeder neuen Aufgabe, die an Länder oder Kommunen übertragen wird, gleichzeitig digitale Lösungen bereitstellt, um die Aufgaben effizient bewältigen zu können. Zurzeit sind die Länder und Kommunen allein gelassen. Bei der Wohngeldreform mussten einige Städte über hundert neue Mitarbeiter einstellen, während andere ihre Aufgaben mithilfe von KI bewältigten, ohne zu mehr Personal zu kommen. Wir müssen weg von diesen individuellen Lösungen hin zu standardisierten Verfahren.

Kann der Bund mit KI effektiv Beschäftigte einsparen?

Ja, das wäre denkbar. Der Personalmangel beim Zoll könnte beispielsweise verringert werden, wenn die Pakete durch KI vorsortiert werden. Sonst bekommen wir die Überlastung durch die massiven Paketlieferungen aus dem Ausland, zum Beispiel durch Temu, nicht in den Griff.

Doch mit KI allein lässt sich nicht alles lösen. Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche meint, die Menschen sollten länger arbeiten. Halten Sie das für einen sinnvollen Vorschlag?

Nein, das greift vollkommen an der Realität und den Anforderungen der heutigen Arbeitswelt vorbei. Psychische Erkrankungen nehmen drastisch zu und die Leute sind einfach am Ende. Für Bundesbeamte fordern wir das genaue Gegenteil: die Rücknahme der damals vor 20 Jahren „vorübergehend“ auf 41 Stunden erhöhten Wochenarbeitszeit. Dazu hatten wir schon seit Jahren Versprechen und unsere Geduld ist am Ende.

Angesichts des Personalmangels wird das schwer durchsetzbar sein. Auch Bundeskanzler sagt, dass die Leute eher mehr arbeiten sollten.

Es wäre zumindest denkbar, einen Anfang zu machen und bestimmte Gruppen von Beschäftigten schrittweise die Wochenarbeitszeit zu reduzieren. Aber momentan gibt es zwei andere noch wichtigere Bereiche für die Bundesbeamten: Bundesinnenminister Alexander Dobrindt muss zeitnah zu einer Angleichung der Tarifergebnisse für Arbeitnehmer und die Besoldung entsprechend den Urteilen des Bundesverfassungsgerichts stellen. Karlsruhe hat ja bereits 2020 entschieden, dass die Besoldung nicht mehr verfassungskonform ist.

Das Ministry hatte vorgeschlagen, bei der Zuschlagsberechnung zu unterstellen, dass der Partner des Beamten ein Einkommen aus einem Minijob erzielt. Dagegen waren Sie. Warum?

Weil das nicht realistisch ist. Es ist unrealistisch, Einnahmen eines Partners fiktiv anzunehmen.

Die Realität bei Beamten ist nicht mehr das Modell des Alleinverdieners, oder nicht?

Das stimmt, aber trotz dieser Umstände fiktive Nebeneinkommen zugrunde zu legen, ist nicht in Ordnung. Wir brauchen eine Anhebung der Grundgehälter.

Schwarz-Rot hat beschlossen, die Vergütung im öffentlichen Dienst stärker auf leistungsorientierte Komponenten auszurichten. Wie sehen Sie das?

Das hängt jetzt von den Details ab. Stimmt, dass man Beamte besser motivieren könnte durch bessere Perspektiven und durchlässigere Karrierewege.

Hat der Beamtenbund zu fest auf die Union gesetzt?

Wir haben gute Kontakte zur SPD. Die Einseitigkeit, die Sie unterschreiben, finde ich nicht.

Gibt es Kontakt zu AfD-Politikern?

Nein, das sehe ich nicht ein. Wir werden auch künftig keine AfD-Vertreter auf unseren Veranstaltungen willkommen heißen.

Sollten AfD-Mitglieder Beamte werden dürfen?

Die rechtlichen Bedingungen sind klar: Es kommt auf den Einzelfall an. Allein digitale Parteimitgliedschaften können nicht ausreichen, um den Beamtenstatus zu entziehen – jedoch kommen mir Extremisten im öffentlichen Dienst nicht in den Sinn.

Sie sind in Ihr Amt gerutscht, weil Ihr Vorgänger krankheitsbedingt eingestiegen ist. Ihr Mandat reicht bis Herbst 2027. Stimmen Sie damit überein, dass Sie im Übergangsmodus arbeiten?

Nein, das trifft nicht zu. Ich werde beim Gewerkschaftstag 2027 erneut kandidieren.

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