Ramelows neuer Vorschlag für die Hymne sorgt für Aufregung: Politische Reaktionen

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Bodo Ramelow, der Vizepräsident des Bundestags, lässt mit seiner Aussage zur Nationalhymne aufhorchen. Er glaubt, dass viele Menschen in Ostdeutschland mit der bestehenden Hymne nichts anfangen können, was ihm eine Menge Kritik einbringt.

Im Jahr 2019 äußerte sich Ramelow bereits als Thüringer Ministerpräsident und gebrauchte die Plattform der „Rheinischen Post“ für seinen Vorschlag, eine neue Nationalhymne zu schaffen, da die auch im Osten nicht ernstgenommen werde. Das Thema sorgte damals für viel Trubel, jedoch blieben konkrete Auswirkungen überschaubar.

Jetzt, als Bundestagsvizepräsident, gab er erneut in einem Interview mit derselben Zeitung seine Meinung kund. „Viele Ostdeutsche ziehen es vor, die Nationalhymne aus verschiedenen Gründen nicht zu singen“, erklärt Ramelow. Er schlägt vor, anstelle der üblichen Hymne, die von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben verfasst wurde, die Kinderhymne von Bertolt Brecht zu verwenden.

Er selbst findet den Text der Kinderhymne sehr gelungen: „Besonders die Stelle, die ein besseres Deutschland verspricht, könnte uns möglicherweise zu einer gesamtdeutschen Hymne führen, die wir dann zusammen mit Freude singen könnten.“ Zudem empfiehlt Ramelow, auch über die schwarz-rot-goldene Flagge abzustimmen, da er anerkennt, dass diese gegen totalitäre Strukturen steht, aber viele der Nationalflagge skeptisch gegenüberstehen.

Die Nationale Antwort ist klar: Unsere Hymne und Flagge stehen für Freiheit, Einheit und Demokratie in Deutschland. – Michael Kretschmer, Sachsens Ministerpräsident, widerspricht Ramelow entschieden.

Wie zu erwarten, kommt Ramelows Vorschlag in der politischen Arena erneut nicht gut an. Michael Kretschmer (CDU) äußert sich im Tagesspiegel dazu: „Unsere Nationalhymne sowie die Flagge symbolisieren Freiheit, Demokratie und die eine Einheit Deutschlands. Diese Werte verbinden uns in Ost- und Westdeutschland“, sagt er und denkt, die bestehenden Symbole stehen besonders für die friedlichen Revolutionen von 1990. „Es gibt keinen Grund, unser Erbe in Frage zu stellen“, betont er weiter.

Gerade in den Reihen des Bundestags, in dem Ramelow tätigt ist, stoßen seine Worte auf Verwunderung. Ein Sprecher von Bundestagspräsidentin Julia Klöckner erklärte: „Es besteht keiner Anlass, etwas an der Nationalhymne oder der Bundesflagge zu ändern.“

Wichtige politische Themen stehen im Vordergrund

Die Bundestagsvizepräsidentin Andrea Lindholz von der CSU bezeichnet Ramelows Äußerungen als einen Bruch seiner Neutralitätspflicht. „Ich halte Vorschläge für eine neue Hymne oder Flagge für völlig daneben“, sagt sie und glaubt, solche Maßnahmen würden die bestehenden Ungleichheiten zwischen Ost- und Westdeutschland nicht lösen.

Ähnlich argumentiert auch die Ostbeauftragte der Bundesregierung, Elisabeth Kaiser von der SPD. Zwar könne man Nationalsymbole thematisieren, doch hätten wir momentan enorm schwierigere Herausforderungen zu bewältigen, so Kaiser.

35 Jahre nach der Wiedervereinigung spricht sie von positiven Entwicklungen: „Uns verbindet mehr, als uns trennt“, verweist sie auf den Deutschland-Monitor 2024, wo eine Mehrheit für Demokratie und Menschenrechte eingestanden ist. „Wir sollten uns auf das konzentrieren, was uns zusammenschweißt, anstatt zu trennen“, fügt sie hinzu.

Sogar die Grüne Politikerin Kathrin Göring-Eckardt, die einst selbst Vizepräsidentin war und aus Thüringen stammt, sieht in Ramelows Vorschlägen kaum Sinn: „Es handelt sich hier um eine symbolische Diskussion“, meint sie und erinnert daran, dass die Hymne der DDR in den 70ern aufgrund der Teilung nicht mehr gesungen wurde.

„Das Leben in Ost und West ist echt unterschiedlich, das müssen wir ändern“, sagt Göring-Eckardt und findet die Diskussion um Hymnen überflüssig.

Dabei ist diese Diskussion keineswegs neu: Bereits 1989/90 schlug der letzte DDR-Ministerpräsident, Lothar de Maizière, vor, die erste Strophe der DDR-Hymne an die westdeutsche Nationalhymne anzupassen, was von den Westdeutschen aber abgelehnt wurde. Die damalige Situation ließ kaum Platz für solche Kompromisse und seitdem sind ähnliche Anläufe ein Geduldsspiel geblieben – so auch Ramelows erneuter Versuch.

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