Selbstfürsorge oder Eskapismus: Machst du wirklich eine Pause oder flüchtest du?

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Es kommt vor, dass wir nach einer langen Woche auf der Couch landen und binge-watchen – einfach unsere Lieblingsserie aus der Jugend schauen. Manchmal ist das genau das, was wir brauchen, aber in anderen Fällen könnte es sein, dass wir nur vor unseren Gefühlen davonschreiten.

Pausen sind extrem wichtig für unsere Gesundheit und Leistungsfähigkeit. Manchmal ist es notwendig, sich zurückzuziehen und die Außenwelt für einen Moment auszublenden. Hierbei kann Selbstfürsorge eine große Rolle spielen. Allerdings kann dieses Verhalten auch zu Eskapismus werden – eine Strategie, die mehr schadet als nützt. Die Therapeutin Dr. Stephanie Moulton Sarkis nennt in ihrem Artikel auf „Psychology Today“ die entscheidenden Unterschiede und gibt Tipps, wie du erkennst, ob du eine Pause machst oder nur ausweichst.

So erkennst du Eskapismus

„Eskapismus ist der Versuch, Probleme zu vermeiden, indem man sich ablenkt“, erklärt Sarkis. „Man macht etwas, nicht um zu entspannen, sondern um die Überforderung und Sorgen einfach negieren zu können.“ Am Anfang mag Eskapismus ein erleichterndes Gefühl geben, langfristig kann er allerdings größeren Schaden anrichten.

Die Folge eines übermäßigen Eskapismus kann sein, dass wir uns noch gestresster fühlen und uns von anderen Menschen entfremden. Ein schlechtes Gewissen kommt ebenfalls dazu, weil wir oft das Gefühl haben, nicht das zu erreichen, was wir tun wollten. „Du glaubst, dich ‘ausgeruht’ zu haben, aber innerhalb fühlst du dich weiterhin erschöpft. Die Gefühle und unerledigten Tasks hoffen sich an und blockieren dich.“

Wann ist es echte Selbstfürsorge?

Echte Selbstfürsorge, so die Therapeutin, ist ganz anders. „Es geht nicht darum, vor etwas zu fliehen, sondern sich selbst zu betrachten und Dinge zu tun, die dein Wohlergehen fördern“, sagt sie. „Sie ermöglicht es dir, geerdeter und besser vorbereitet zu sein und eine Verbindung zu dir selbst zu fühlen.“

Selbstfürsorge muss nicht aufwendig sein – manchmal reicht ein Glas Wasser oder eine kleine Runde nach draußen. Es kann aber auch beinhalten, persönliche Grenzen zu setzen, „Nein“ zu sagen oder einfach mal ohne schlechtes Gewissen zu entspannen.

Hier ist der Punkt, den Sarkis anspricht: Selbstfürsorge ist definitiv nicht immer einfach. Manchmal erfordert sie sogar, dass wir uns schmerzhaften oder unangenehmen Aufgaben stellen – aber genau dafür tut sie uns gut.

Drei wichtige Unterschiede zwischen Selbstfürsorge und Eskapismus

  1. Eskapismus hat das Ziel, Gefühle zu vermeiden, während Selbstfürsorge darauf abzielt, dein Wohlbefinden immer zu unterstützen. Wenn wir uns um uns selbst kümmern, handeln wir tatsächlich in unserem besten Interesse. Wer jedoch komplexe Emotionen ignoriert, tut letztlich dem eigenen Wohl schaden.
  2. Achte darauf, wie du dich nach deinen Tätigkeiten fühlst. Kann sein, dass du nach einer Eskapismus-Aktivität oft Gefühl der Schuld oder Taubheit verspürst. Echt gute Selbstfürsorge lässt dich nach der Pause erfrischt, klar und emotional stabiler dastehen.
  3. Eskapismus führt oft dazu, dass wir Aufgaben aufschieben, während Selbstfürsorge uns Klarheit über anstehende Aufgaben bringt.

Hin und wieder kann eine Aktivität also auch beides sein: „Manchmal machst du ein Nickerchen, weil du erschöpft bist, und an anderen Tagen nur um einen unangenehmen Gesprächspartner zu vermeiden“, erklärt Sarkis. „Man schaut sich eine Serie an, weil man ein Fan ist, oder um sich von etwas Unangenehmem abzulenken.“

Dr. Sarkis empfiehlt, dir folgende Fragen zu stellen:

  • Gemacht ich diese Aktivität für meine Selbstfürsorge oder nur, umzu vermeiden?
  • Wie fühle ich mich danach? Erholung oder Angst und Schuld?
  • Hilft mir das wirklich, oder schiebe ich nur etwas auf?
  • Was würde ich tun, wenn ich jetzt nicht diese Aktivität gewählt hätte?
  • Wie kann ich Eskapismus in dieser Situation verhindern?

Tipps, wenn du dich im Eskapismus ertappst

Es gibt Wege, wie du mit dem Gefühl umgehen kannst, dich oft in Eskapismus zu verlieren. Schließlich bringt es nichts, sich selbst abzuwerten – besser Hochachtung für gesunde Gewohnheiten entwickeln.

Klein anfangen

Du musst nicht alles schlagartig ändern. Man könnte versuchen, wenigstens einen einzigen Akt der Selbstfürsorge in den Tag zu integrieren – sei es ein Glas Wasser, das Erledigen einer kleinen unangenehmen Aufgabe oder das Setzen einer persönlichen Grenze.

Ehrlich mit dir sein

Der erste Schritt zur Besserung ist, alles zu akzeptieren und zuzulassen, vor was du vielleicht gerade davongaloppierst. Ob nun eine komplizierte Situation oder unangenehm Stehendes, oft hilft es, es nicht nur zu erkennen, sondern auch laut auszusprechen.

Zeitlimits für Ablenkung festlegen

Es ist völlig okay, sich gelegentlich ablenken zu lassen – sei es durch Serien schaun oder durch Social Media surf en. Allerdings sollte man sich einen Zeitrahmen setzen, um das hinauszuzögern.

Such den Kontakt zu anderen

Die Therapeutin rät dazu, offen mit Personen zu reden, die einem wichtig sind. Du könntest dich mit Freunden unterhalten, einer Selbsthilfegruppe beitreten oder professionelles Coaching in Anspruch nehmen, falls du Gefühl hast, alleine nicht aus dieser Eskapismus-Falle herauszukommen.

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