Diskussion über die Situation in Palästina: Der Arbeitskreis „SOS Palästina“

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Aktuelles aus dem Nahostkonflikt

Diskussion über die Situation in Palästina: Der Arbeitskreis „SOS Palästina“

Derzeit ist die Lage für palästinasolidarische Initiativen in Frankfurt alles andere als einfach. Ein konkretes Beispiel zeigt, dass das vorher tolerierte „Internationalistische Zentrum“ vergangene Woche geräumt wurde, nachdem es zuvor einen möglichen Brandanschlag auf das besetzte Gebäude gegeben hatte. Außerdem trat die Stadt Frankfurt mit der Absicht auf, eine landesweite Palästina-Demonstration zu verbieten, auch das „System Change Camp“ hatte mit Protesten zu kämpfen.

Im Kontext dieser Spannungen äußern die Organisatoren der Podiumsdiskussion „SOS Palästina“, zu denen auch Mitglieder der Linkspartei und Mera25 zählen, den Verdacht, dass die überraschende Absage durch die Saalbau GmbH, die mit der städtischen ABG Holding verbunden ist, politisch motiviert gewesen sein könnte. Die Saalbau legitime dies jedoch mit „formalen Gründen“. Kurzerhand wurde das Event in die Räumlichkeiten der Hilfsorganisation Medico International verlagert. Aufgrund des begrenzten Platzes waren einige der rund 300 Gäste gezwungen, in der Außenbereich zu stehen.

Während der Veranstaltung gab es vor dem Medico-Büro eine minime Kundgebung mit etwa fünf Personen, die ein Plakat mit einem Verweis auf gefangene Hamas-Mitglieder hielten. Im Unterschied zur Situation beim System Change Camp, wo ähnlich provokante Plakate entfernt und ein Farbbeutelangriff auf einen Aktivisten stattgefunden hatte, blieb die Stimmung unter den Zuschauern diesmal ruhig. Auch als ein Mann direkt vor Beginn der Diskussion die Presse störte und eine ältere Sicherheitskraft beleidigte, reagierten die Gäste gefasst.

Die wahren Emotionen zeigten sich dann im Saal, als Tsafrir Cohen belastende Statistiken zu Gaza präsentierte. Der Geschäftsführer von Medico sprach ebenfalls von Genozid. Er prangerte an, dass Israel alle Krankenhäuser bombardiert habe, was deren Einsatzbereitschaft auf nur 50 Prozent reduzierte.

Krisen über Krisen

Jeden Tag erlaube Israel die Ausreise von lediglich elf Menschen, obwohl 15.000 entsprechende Genehmigungen benötigen. Nach dem Hamas-Angriff am 7. Oktober plädiert Cohen: „Der 7. Oktober war eine Tragödie – was danach kam, war abermals eine Tragödie.“ Besorgt verfolgt er, wie international zunehmend das „Recht des Stärkeren“ das Verhalten im Konflikt prägt: „Es ist die Totalität des Todes“.

Einen weiteren wichtigen Gesichtspunkt der Diskussion nahm Hanno Hauenstein, ein Autor der Frankfurter Rundschau (FR), ein: die Rolle deutscher Medien. Auch er kritisiert die Berichterstattung als unausgewogen und stößt auf eine passive Sprache, in der Israel als Täter nicht benannt werde. Viele deutsche Mediengriffen zweifelhafte Narrative auf – ein Beispiel sei die israelische Kampagne gegen die UNRWA gewesen. „Dies ist ein infrastrukturelles Problem“, so seine Feststellung.

Darüber hinaus bemängelte Hauenstein, dass die Situation im Westjordanland von deutschen Medien oft ignoriert werde. Mit eigenen Augen würde er dort „genozidale Tendenzen“ der Siedlerbewegung und der israelischen Regierung beobachten.

Nachdenkliche Gesichter auf dem Podium.
Nachdenkliche Teilnehmer auf dem Podium.

Auch Jamal Juma von der palästinensischen Organisation „Stop the Wall“ meldete sich aus dem besetzten Ost-Jerusalem zu Wort. Er prangert an, dass sowohl gegenwärtig als auch schon zuvor ein langsamer Genozid am palästinensischen Volk vollzogen werde, auch im Westjordanland. Dort nehme sowohl die Landnahme als auch die Aggression durch rechtsextreme Siedler stark zu.

Ein weiterer zentraler Faktor ist die Rolle der Fatah beziehungsweise der PLO, die die Verwaltung im Westjordanland bildet. Die dortige Bevölkerung ist unzufrieden und sieht die PLO oft als Kollaborateur Israels, was sich auch in den Protesten gegen die Organisation niederschlägt. Gleichzeitig bereitet sich die israelische Regierung auf mögliche gewaltsame Ausbrüche in der Westbank vor.

Trotz der ernsten Lage zeigt sich Juma optimistisch: Die internationale Solidarität ist stark und viele sehen Israel nicht länger als „Opfer“. An die Menschen weltweit appelliert er zum Boykott, zur Desinvestition und zu Sanktionen gegen Israel.

Katerina Anastasiou vom linken Netzwerk „transform! europe“ bestätigt die internationale Unterstützung. Zwar stützen die Regierungen und Medien in Ländern wie Italien und Griechenland Israel stark, jedoch sind die Menschen dort gut informiert und äußern ihren Standpunkt lautstark. So verweigerten beispielsweise Hafenarbeiter in Griechenland jederzeit die Beförderung von Rüstungsgütern nach Israel.

In Hamburg setzt sich auchHafenarbeiter Mohamed Alattar mit dem Thema auseinander, sagen Fung; er hat sowohl vor als auch nach dem 7. Oktober Freunde und Angehörige durch Israel verloren. Auffallend ist jedoch, dass er von der Rolle deutscher Gewerkschaften enttäuscht ist: „Die Arbeiter sind der Wohlstand jedes Landes“, erklärt er. Die Gewerkschaften müssten sie vertreten, stattdessen sieht Doug Ablehnung ausschließlich gegenüber seinem Anliegen. Er und sein Freund Kolja sind daher in der Planungsphase eines Bündnisses, um Veränderungen zu bewirken. Befürchtungen über eine hitzige Atmosphäre erwiesen sich als unbegründet; die Expertinnen sprachen sachkundig und balanciert. Jedenfalls war es ihr Ziel, die einseitige Perspektive anderen zu überlassen.

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