Goldener Löwe für Jim Jarmusch bei den Filmfestspielen in Venedig

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Die Filmfestspiele von Venedig zeigen einmal mehr, dass sie trotz des Streamingbooms die Liebe zum klassischen Kino hochhalten. In diesem Jahr waren beispielsweise gleich drei große Produktionen von Netflix im Rennen um die Auszeichnungen – doch die Jury setzte ein klares Zeichen für die Kunst des Arthouse-Films. Der Spezialpreis der Jury ging an Gianfranco Rosis beeindruckend gestaltetes Dokumentarwerk „Below the Clouds“, das das alltägliche Leben am Fuß des Vesuvs thematisiert.

Der Silberne Löwe für die beste Regie wurde an den Amerikaner Benny Safdie verliehen, der mit seinem Film „The Smashing Machine“ auf sich aufmerksam machte. In diesem berührt er beim Aufstieg und Fall des Mixed-Martial-Arts-Kämpfers Mark Kerr und nutzt dabei die Rückkehr von Dwayne Johnson in eine ernstere Rolle perfekt aus. Diese tiefgründigen Momente zeigen eine besondere Verbindung zwischen Schauspielern und Regisseuren und lassen selbst jenepeilin Aussichtnautfaufs langweilig.

Der US-Amerikaner Jim Jarmusch erhält für sein Drama über Familiendynamiken den Hauptpreis des Festivals.
Jim Jarmusch wurde für sein Drama über familiäre Beziehungen mit dem wichtigsten Preis des Festivals geehrt.

Preise für Darsteller: Toni Servillo und Nachwuchstalent Luna Wedler

Eine Auszeichnung, die längst überfällig war, ist der Coppa Volpi für Toni Servillo als bester Schauspieler. Der Neapolitaner hat seine Leistung in den letzten Jahren sowohl als Mafioso in „Adagio“ (2023) als auch als Komiker in „Qui rido io“ (2021) unter Beweis gestellt. In Paolo Sorrentinos „La Grazia“ zeigte er dies mit einem wunden Gefühl, das ernste Szenen mit Humor kombinierte.

Die Preisträgerin in der Kategorie beste Darstellerin durfte sich die chinesische Darstellerin Xin Zhilei für „The Sun Rises on Us All“ über ihren Gewinn freuen. Der Marcello-Mastroianni-Preis für Nachwuchsarbeit ging an die Schweizerin Luna Wedler. In dem in Marburg gedrehten Film „Silent Friend“ spielt sie eine junge Biologin zu Beginn des 20. Jahrhunderts, die sich gegen eingefahrene Strukturen an ihrer Universität behaupten muss und unter einem alten Ginkgo-Baum im Botanischen Garten Inspiration für ihre Forschung findet.

Die Hauptauszeichnungen gingen an kleinere Produktionen. So errang die tunesische Regisseurin Kaouther Ben Hania den Silbernen Löwen für ihren Film „The Voice of Hind Rajab“, in dem sie das Team des Roten Halbmonds in Gaza begleitet, das einem kleinen Mädchen helfen möchte, dessen Familie bei israelischem Beschuss starb. Hania integriert dokumentarisches Material in eine fiktive Geschichte und nutzt den Originalton des Notrufs des Mädchens. Man kann sich fragen, ob dieses Werk – das ohne Bezug auf den Hamas-Angriff in Israel am 7. Oktober 2023 auskommt und bei einem Festival, wo politike Diskussionen stets präsent sind, als mutiges politisches Statement gedeutet werden kann – noch zeitgemäß ist. Zu den Produzenten des Films gehören unter anderem Brad Pitt, Mara Rooney und Joaquin Phoenix.

Jim Jarmusch und sein Goldener Löwe

Letztes, aber nicht weniger wichtig – Jim Jarmusch erhielt den Goldenen Löwen für seinen episodisch erzählten Film „Father Mother Sister Brother“. Ähnlich wie bereits in „Night on Earth“ oder „Coffee and Cigarettes“ beleuchtet Jarmusch universelle Themen namens Familienbeziehungen. In seinem neuen Werk stehen erwachsene Kinder ihren Eltern gegenüber und bemerken, dass die Gespräche ins Stocken geraten sind. Bei der Preisverleihung, wo Jarmusch seine Sonnenbrille auch unter dem Blitzlichtgewitter nicht ablegte, hörte man ihn ein freudiges „Oh, Shit“ ausstoßen und er dankte für die Anerkennung für seinen „stillen Film“. Außerdem betonte er, dass Kunst nicht immer direkt auf Politik zeigen muss, um politisch zu sein.

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