Das Laden von Elektroautos entwickelt sich rasant – es wird mehr und mehr zum neuen Tanken, auch wenn das etwas nach einem Witz klingt. Doch die neuesten High Power Charger (HPC) sind nicht zu unterschätzen.
Gerade mal vor ein paar Jahren galt eine Ladeleistung von 50 kW als schnell. Das war zum Beispiel die Rate, mit der der BMW i3 bei unseren Dauertests aufgeladen wurde. Heute wirkt das aber ganz schön lahm.
Jetzt stellt Mercedes sein Charging-Netz MB Charge mit Anlagen auf, die unglaubliche 600 kW bieten. Auch Ionity pusht sein Konzept und rüstet seine Ladestationen in ganz Europa entsprechend auf. Dies könnte der Beginn eines neuen Rennens um die höchsten Ladegeschwindigkeiten werden.
Vor Kurzem hat Mercedes die Messlatte so richtig hochgelegt: Der Mercedes Concept AMG GT XX fuhr einen Rekord an einer DC-Ladestation und erzielte atemberaubende 1041 kW längere Zeit! Im Durchschnitt lag die Ladeleistung sogar bei 850 kW.
Maximalleistung über mehr als zweieinhalb Minuten
Es ist wichtig zu betonen, dass das kein kurzfristiger Rekord war, sondern laut Mercedes über einen Zeitraum von mehr als zweieinhalb Minuten gehalten wurde. Dabei wurde eine beeindruckende Menge von 42 kWh in den Akku geladen – fast so viel, wie das Standardmodell des VW ID.3 „Pure Performance“ im ersten Modelljahr speichern kann. Damit können wir nun auch beim Laden mit der Geschwindigkeit des klassischen Tankens Schritt halten!
Noch beeindruckender war, dass diese immense Leistungen quasi sofort erreichbar waren: Nur 0,5 Sekunden brauchte man, um das laden zu starten und schon war das Maximum erreicht, wie der Technologiepartner von Mercedes, Alpitronic, berichtete. Die Ladesäule ist ein Prototyp – eine modifizierte Variante des Typen HYC1000 – und soll sowohl für Pkw als auch für Lkw funktionieren.
Fünf Minuten für 400 km Reichweite
Die hohen Ladeleistungen kommen bei Lkw mit größeren Akkus auch über mehr Zeitintervalle zum Tragen: Hier wird anregen, die Leistung auf bestehende CCS-Standards für Pkw anzupassen. Die Vision von Mercedes und Alpitronic? In nur fünf Minuten genug Strom für 400 Kilometer nachladen.
Wird das HYC1000 in naher Zukunft nur noch Leistung bis zu 1 MW bieten? Das wollte der Hersteller Alpitronic nicht bestätigen. Aber der Rekord und der Typ deuten darauf hin, dass man noch große Ambitionen hat.
Auch Ionity ist Kunde von Alpitronic und tauscht seine bestehenden 350-kW-Ladestationen in Europa gegen die neuen 600-kW-Anlagen aus.
Innovativer Hochleistungsakku für schnelle Ladevorgänge
Bis diese Ladegeschwindigkeit in Serienmodellen möglich ist, wird wohl noch etwas Zeit vergehen. Denn die Megawatt-Leistung hängt sensitiver von der Infrastruktur ab: Das Konzeptfahrzeug hat einen neuartigen Lithium-Ionen-Akku.
Der Prototyp umfasst mehr als 3000 zylindrische Zellen, die mit 300 Wh/kg eine hohe Energiedichte aufweisen. Umso exorbitante Ladeleistung und schnelle Reaktion zu gewährleisten, ist die gesamte Batterie flüssigkeitsgekühlt und wird in einem speziellen nicht-leitenden Öl gelagert. Auch das CCS-Ladekabel des Hyper-Charger-Prototyps von Alpitronic ist flüssigkeitsgekühlt.
Ab 2026 plant Mercedes, seine Ladestationen in Europa und den USA schrittweise mit den HYC1000-Systemen ausstatten zu lassen. Wie gewohnt werden auch Fahrzeuge anderer Hersteller an diesen Punkten laden können. Bis Ende 2030 will man weltweit 10.000 Schnellladepunkte in Betrieb nehmen.
