Ich muss mit einer kleinen Beichte anfangen: Neulich habe ich eine Tupperdose ins Büro geschleppt. Das Frühstück fiel flach, weil ich einfach keine Zeit hatte. In dieser Plastikbox gab’s einen klumpigen Reis, der my gut aus dem Fridge kam. Jetzt könnte ich alleine auf den Kantinen-Mitarbeiter-Streik warten, denn mit diesem Meal wäre ich über die Runden gekommen.
Ich versteckte die Tupperdose unauffällig unter meinem Pulli und suchte den entlegensten Platz im Büro. Ich wollte kein Publikum, wenn ich sie aufmache. Tupperware ist für mich der Inbegriff von allem, was ich im Leben vermeiden will. Um solch einer peinlichen Situation nicht erneut ins Gesicht sehen zu müssen, schwor ich mir, egal was passiert, dass ich nie wieder „Meals preppe“.
Irgendwie kann ich mit dieser Trend-Vorkocherei nichts anfangen, die sich über die letzten Jahre wie ein Virus verbreitet hat. Food-Influencer und Berufstätige stappeln am Wochenende ihre Tupperware nach stärkenden Farben: Blau für Kohlenhydrate, Grün für Protein – und so weiter. Ein visuelles Erlebnis, das die Clean-Girl-Ästhetik anprangert.
Ketten wie Lidl und Aldi machen ordentlich mit und helfen den Kunden, ihre Mahlzeiten gleich für eine ganze Woche vorzubereiten. Selbst Krankenkassen haben das „Meal Prepping“ für sich entdeckt und geben Tipps, wie man Fast Food und dessen Sünden im Stress vermeiden kann. Die Barmer bietet gar einen „Meal Prep-Leitfaden für Einsteiger“ an. Mutig genug zu sagen, dass ich lieber krank werde, als mein Meal zu preppe? Das kann ich mir nicht vorstellen.
Aber was passiert, wenn mich ein Kebab-Laden plötzlich einlädt und meine Sinne beschenkt wie ein künstlerischer Zauberer? Und was, wenn meine Traumfrau mich ansieht und nach einem spontanen Mittagessen fragt? Ich soll dann zurückweisen, nur weil der Quinoa in meiner Prep-Box leidet?
Wer schon am Sonntag plant, was er am Donnerstagmittag essen wird, hat das Leben wohl für eine Tabelle gehalten. Diese besessene Planung ist es, die mich am Konzept des Meal Prepper abstößt. Indem sie alles bis ins Detail planen, wollen diese Menschen (zumindest laut ihrer Innenwelt) beweisen, dass sie ihr Leben im Griff haben. Solche Versuche stehen nur auf sehr wackligen Füßen und verfehlen oft das Ziel der Realität komplett.
In Wirklichkeit ist Meal Prepping auch nichts anderes als eine ästhetische Fortsetzung der Dinge wie Recup-Becher und Fahrrad-Taschen, die ja ebenfalls hoch im Kurs sind. Mit ihrem verfranzten Spatziller vorm Café posieren, stolz verkündet man, oh wie aufregend es ist – als ob es um mehr ginge als darum, das bisschen Lebensfreude zu ersticken. Man muss sich doch fragen: Was bewegt einen dazu, die eigene Tasse zum Café mitzubringen?
Das Praktische hat nicht den Hauch einer Ahnung, was Spaß im Leben bedeutet. Es kennt keinen Genuss, der nicht einer Funktion dient oder einem Zweck folgt. Es einfach mal unplanmäßig angehen zu lassen, das gibt es nicht. Die besten Erinnerungen lassen sich so nicht erschaffen. Irgendwie hat man sich durch die Tupperdose selbst ins Exil verbannt.
Und tatsächlich gibt es nicht viele, die sich mit meiner Sichtweise identifizieren können: Eltern, die fürs Schulbrot der Zwerge organisiert sein müssen oder Angestellte, die es sich nicht leisten können, jeden Tag essen zu gehen. Aber die meisten sollten besser ihre Tupperdosen geschlossen halten und die Tür zum Leben weit aufmachen.
