Merz-Regierung am milliardenschweren Investitionsrausch – Steuerzahler zahlen für unausgereifte Wasserstoff-Technologie

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Der Bundesrechnungshof (BRH) ist sehr kritisch gegenüber der Nationalen Wasserstoffstrategie eingestellt. In seinem aktuellen Sonderbericht weist er darauf hin, dass die Umsetzung dieser Strategie unsinnig und zudem finanziell riskant ist. Trotz massiver Förderungen in Milliardenhöhe sind marktfähige Projekte Mangelware, von gesicherter Nachfrage ganz zu schweigen. Wissenschaftliche Analysen belegen zudem, dass Wasserstoff in absehbarer Zeit teuer und in seiner klimatischen Wirksamkeit fragwürdig bleibt. Während der Staat vorfinanziert, sind es die Bürger, die die Risiken tragen müssen.

Kritik an der Wasserstoff-Strategie durch den Bundesrechnungshof

Gemäß den Erkenntnissen des BRH sind weder die inländische Produktion noch die geplanten Importe für das Jahr 2030 realistisch umsetzbar. Deutschland müsste dazu bis zu 75 Prozent der Weltproduktionskapazität importieren, was rein rechnerisch unmöglich ist.

Die Nachfrage nach Wasserstoff bleibt ebenso hinter den Erwartungen zurück: Der Ausbau der entsprechenden Gaskraftwerke kommt nicht voran, da es an verbindlichen Vorgaben mangelt. Viele industriepolitische Projekte befinden sich in der Warteschleife oder wurden sogar abgesagt. Dennoch bleibt das Ziel bestehen, bis 2030 rund zwei Drittel des Wasserstoff-Kernnetzes aufzubauen, obwohl die tatsächliche Nutzung unklar bleibt.

Der Rechnungshof bemängelt außerdem, dass grüner Wasserstoff bisher viel kostspieliger ist als fossile Brennstoffe – bis zu 275 Euro pro Megawattstunde im Jahr 2030. Das führt dazu, dass private Investitionen ausbleiben, während der Staat möglicherweise langfristig als Subvention explizit einspringen muss, was negative Folgen für die Bundesfinanzen hätte.

Marktsituation und Realität: Ein globaler Mangel

Auch international gehen Experten von einem ernüchternden Hintergrund aus. Laut der Global Hydrogen Review 2025 der Internationalen Energieagentur (IEA) bedient sogenannter „low-emissions hydrogen“ weniger als ein Prozent der globalen Nachfrage.

Obwohl politische Initiativen in der EU, Japan und Südkorea sowie gewisse Maßnahmen der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation die Entwicklung unterstützen könnten, bleibt der reale Fortschritt hinter den Erwartungen zurück.
Vor kurzem hat der Europäische Rechnungshof in einem Sonderbericht 11/2024 ähnliche Erkenntnisse veröffentlicht, wonach die EU-Ziele für 2030 – je zehn Millionen Tonnen Wasserstoffproduktion und -import – als „unrealistisch“ gelten.

Infrastruktur ohne Nachfrage – Investitionen werden immer teurer

Das geplante Wasserstoff-Kernnetz, das sich auf über 9.700 Kilometer erstrecken soll, wäre das Rückgrat für die Produktion und den Transport. Der Großteil der Finanzierung käme von einem Amortisationskonto, das von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) mit 24 Milliarden Euro gefüllt wird.

Weitere milliardenschwere Förderprojekte laufen parallel:

  • H2Global (Importförderung)
  • Carbon Contracts for Difference (CfD) für die Industrie
  • EU Hydrogen Bank (Vermarktung und Exportförderung)

Nach Einschätzung des BRH könnten diese Mechanismen langfristig zu Zahlungspflichten in der Größenordnung von vielen Milliarden Euro führen, ohne dass die erwartet untermauerte Emissionsminderung feststellbar ist.

Die Bundesnetzagentur hat im Juli 2025 das Hochlaufentgelt auf inzwischen 25 Euro pro Kilowattstunde pro Jahr festgelegt. Sollte die Nutzung unter den prognostizierten Werten bleiben, müssten die Bürger oder Steuerzahler die Differenz übernehmen – ein klassisches Nachschussrisiko.

Dies spiegelt was der BRH bemängelt: Der Infrastrukturausbau bereitet das Feld für den Markt, was sich als exorbitant kostspielige Fehlinvestition herausstellen könnte.

Der kostspielige Traum und die finanzielle Schieflage

Gemäß Berechnungen des European Hydrogen Observatory liegen die Produktionskosten für Wasserstoff derzeit zwischen 4,3 und 10,5 Euro pro Kilogramm, was rund 130 bis 320 Euro pro Megawattstunde ausmacht – ungefähr dreimal so viel wie Erdgas.

Vor allem die hohen Kosten für erneuerbare Energien erhöhen die Produktionskosten erheblich, da sie etwa 60-70 Prozent der Gesamtkosten ausmachen. Zudem sind viele Elektrolyseure noch wenig ausgelastet; während kohlenstoffhaltige Kraftwerke konstant Strom liefern, hängen Elektrolyseure tunes sehr stark von der Verfügbarkeit erneuerbaren Stroms ab, was oft weniger als 3.500 Stunden im Jahr umfasst. Das sorgt für eine kostspielige Rate je erzeugtem Kilogramm Wasserstoff. Transport-, Speicher- und Kompressionskosten können zusätzlich ein bis zwei Euro pro Kilogramm kosten.

Selbst im optimistischen Fall einer Halbierung der Investitionskosten für Elektrolyseure bis 2030 bleibt die Rolle der Energiekosten oben. Ohne dauerhafte und kosteneffiziente Übertragungen oder massive Subventionen wird grüner Wasserstoff nicht konkurrenzfähig bleiben. Deshalb wird erwartet, dass der Staat auch weiterhin durch Contracts for Difference (CfD) und andere Fördermechanismen die Preise künstlich stabil hält, was die Kosten nicht dem Markt überträgt, sondern auf die gesamte Gesellschaft.

Was jetzt getan werden muss

Der BRH ruft dazu auf, einen „Realitätscheck“ durchzuführen: Die Bundesregierung muss bewerten, welchen vernünftigen Beitrag Wasserstoff tatsächlich zur Energiewende leisten kann und außerdem Alternativen suchen, um die angestrebte Klimaneutralität bis 2045 auch ohne diese von Subventionen abhängige Wasserstoffwirtschaft zu erreichen.

Fachleute aus verschiedenen Bereichen weisen darauf hin, dass Wasserstoff nur dort Grundlage verwendet werden sollte, wo es keine Alternativen gibt, wie zum Beispiel in der Stahlindustrie oder der chemischen Fertigung sowie im Luft- und Schiffsverkehr. Für die Erzeugung von Wärme und Strom sollte es weitaus bessere Lösungen durch die Direktrealisierung mit Wärmepumpen oder Power-to-Heat geben.

Zusammenfassend zeigen die studies des BRH und von internationalen Institutionen deutlich: Deutschland investiert in eine Technologie, die weder marktreif noch kosteneffizient ist. Der so dringend benötigte Wasserstoffausbau bleibt ein politisches Experiment mit hohem Risiko für die staatliche Finanzlage. Steuerzahler:innen zahlen für dieses Experiment, das sich als reine Symbolpolitik erweisen könnte: großzügige Rhetorik – und schwache Realitäten.

Quellen: „Umsetzung der Wasserstoffstrategie des Bundes“ (BRH 2025); Internationale Energieagentur; „Industriepolitik der EU zu erneuerbarem Wasserstoff – abgestimmte Regelungen zukunftsweisend“ (EuRH 2024); Bundesnetzagentur; European Hydrogen Observatory

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