Google plant große Investition in Deutschland

Estimated read time 4 min read

Google hat die Absicht, seine Rechenzentren aufzufrischen und die Standorte in München, Frankfurt und Berlin weiter auszubauen. Diese Maßnahmen haben einige politisch bedeutsame Aspekte.

Der amerikanische Tech-Gigant Google wird am 11. November seinen größten Investitionsplan für Deutschland enthüllen. Die genauen Projekt-Details sollen in einer Pressekonferenz in Berlin bekanntgegeben werden, zusammen mit Finanzminister Lars Klingbeil.

In einem Schreiben, das dem Handelsblatt zugespielt wurde, ist die Rede davon, dass Google in die „Infrastruktur und Rechenzentren“ investieren und „innovative Projekte zur Nutzung erneuerbarer Energien und Abwärme“ vorantreiben möchte. Das Ziel ist der kraftvolle Ausbau der genannten Standorte.

Für die deutsche Bundesregierung ist dies eine wichtige politische Botschaft: Sie sieht die Investitionen als Vertrauenssignale in die wirtschaftlichen Verhältnisse Deutschlands. Kanzler Friedrich Merz hat seit seinem Amtsantritt im Mai ambitionierte Ziele verkündet, die wirtschaftliche Lage im Land zu verbessern, was bisher jedoch nicht gelungen ist.

Mit steigender Arbeitslosigkeit und Problemen in Schlüsselindustrien wie der Auto- und Chemiebranche bleibt die Entwicklung stagnierend. Angesichts dessen sind positive Nachrichten wie diese besonders willkommen.

Die Regierung unternimmt gezielte Anstrengungen, internationale Investoren zu gewinnen. Als weiteren Schritt hat Merz den ehemaligen Commerzbank-Chef Martin Blessing als Investitionsbeauftragten berufen, obwohl gleichzeitig auch der Plan verfolgt wird, die Abhängigkeit von amerikanischen Technologiefirmen zu mindern.

Die handlungspraktische Handelsstrategie von Ex-US-Präsident Donald Trump hat, selbst den transatlantisch gesinnten Merz, in der Überzeugung bestärkt, dass mehr europäische Souveränität notwendig ist. Am 18. November sollen auf einem Gipfel zwischen Deutschland und Frankreich in Berlin Strategien zum Themenbereich digitale Unabhängigkeit entwickelt werden. Zudem fordern Politiker der Union kürzlich eine schrittweise Abkehr von amerikanischen Cloud-Dienstleistern.

Im laufenden Jahr investiert Google über 90 Milliarden Dollar

Für den weltgrößten Suchmaschinenanbieter sind die geplanten Ausgaben in Deutschland eher von untergeordneter Bedeutung. Bei der letzten Vorstellung der Quartalszahlen bereinigte Finanzchefin der Muttergesellschaft Alphabet, Anat Ashkenazi, die von Investitionen getroffenen Zahlen nach oben und schätzte die jährlichen Ausgaben auf zwischen 91 und 93 Milliarden Dollar. Ein Großteil dieser Summe ist für Rechenzentren vorgesehen.

Im kommenden Jahr sollen weitere Steigerungen bei den Investitionen erfolgen. „Bis zum Jahr 2026 erwarten wir einen signifikanten Anstieg der Investitionsausgaben“, betonte Ashkenazi.

In Deutschland betreibt Google bereits mehrere Rechenzentren oder hat deren Bau im Gange. Hessen gilt hierbei als das wichtigste Bundesland für Google. In Hanau hat das Unternehmen eine Anlage und hat Grundstücke in den Gemeinden Erlensee, Dietzenbach und Babenhausen gekauft, um neue Rechenzentren zu errichten. Wie viel darin bereits investiert wurde und inwiefern die neuen Ankündigungen über vorhandene Projekte hinausgehen, steht momentan noch nicht fest.

Zahlreiche neue Rechenzentren stehen auf dem Plan

Microsoft hat auch den Ausbau seiner Rechenkapazitäten in Nordrhein-Westfalen angekündigt. Der US-Softwarekonzern hatte erst im letzten Jahr bekanntgegeben, in Deutschland 3,2 Milliarden Euro zu investieren.

Doch die Vorhaben von Google und Microsoft sind lediglich ein Teil einer viel größeren Wettbewerbslandschaft in Deutschland: Diese Woche kündigte Deutsche Telekom zusammen mit dem US-Chipriesen Nvidia den Bau eines Rechenzentrums in München an, das sich auf künstliche Intelligenz konzentrieren soll.

In den kommenden Jahren werden in Deutschland zahlreiche neue Rechenzentren errichtet, wie eine Studie des Digitalverbands Eco zeigt. So soll die Anschlussleistung bis 2030 um satte 54 Prozent von etwa 2,4 auf 3,7 Gigawatt steigen, was eine wichtige Kennzahl für die Leistungsfähigkeit der Server und Kühlsysteme darstellt.

Für ganz Europa wird mit einem Wachstum von 75 Prozent bis 2030 und einer Leistung von 11 Gigawatt gerechnet. In den USA geht man sogar von einer Steigerung um 163 Prozent auf 105 Gigawatt aus.

Ein Großteil der Investitionen geht an US-Firmen

Die Milliardeninvestitionen in neue Anlagen sind allerdings kaum mit traditionellen Industrieprojekten vergleichbar. Im Gegensatz zu Fabriken oder Produktionslinien gibt es hier keine nachhaltigen Wertschöpfungsketten. Ein erheblicher Teil der Mittel fließt nicht einmal in den Standort selbst, sondern wird für den Einkauf von Hochtechnologie aus den USA aufgewendet.

Der größte Profiteur ist vor allem der US-Konzern Nvidia, dessen Grafikprozessoren in fast allen KI-Rechenzentren als Norm gelten. Fachleute schätzen, dass bei Projekten wie dem neuerwähnten Telekom-Rechenzentrum in München etwa 60 bis 70 Prozent der Gesamtinvestitionen auf Halbleiter entfallen.

Für Deutschland bedeutet dies, dass, während die Investitionen zwar Rechenleistungen schaffen und den Zugang zur digitalen Infrastruktur garantieren, dies nur begrenzt lokale Wertschöpfung generiert. Schlüsseltechnologien wie Chips, Software und Cloud-Systeme stammen überwiegend aus den USA.

Somit bleibt der vermeintliche Investitionsavangarde auch nur ein Sinnbild für die technologische Abhängigkeit Europas von den amerikanischen Konzernen.

Mehr:Telekom und Nvidia investieren eine Milliarde in KI-Rechenzentrum

Related Posts: