Wer Donald Trump kennt, weiß, dass er das Paradebeispiel eines Populisten ist. Er hetzt gegen die Elite, verbreitet „alternative Fakten“ und kritisiert die Medien. Trump stellt sich selbst als Stimme des Volkes dar, als Anwalt der einfachen Menschen. Er betont, dass er der Präsident der „Main Street“ und nicht der „Wall Street“ ist, der für die Arbeitnehmer kämpft und nicht für die Ausbeuter.
Doch lebt er auch nach diesem Motto? Das Steuerrecht, das Trump am Nationalfeiertag unterzeichnete, bringt den Ärmsten nichts Positives. Tatsächlich verliert die ärmste Schicht der Einkommen bis zu 1500 Dollar pro Jahr, zeigen Berechnungen. Währenddessen profitieren die Reichen erheblich. Und die Zölle, die er angekündigt hat, werden voraussichtlich die Inflation anheizen, was das Leben für einfache Menschen noch teurer macht, da sie einen großen Teil ihres Einkommens für Lebensmittel und andere Grundbedürfnisse ausgeben müssen.
Trumps Wirtschaftspolitik ist kein Zufall
Normalerweise würde eine solche Wirtschaftspolitik als politischer Selbstmord betrachtet werden. Es ist auch befremdlich, dass der Anti-Elite-Präsident Politik macht, die den Interessen seiner Wähler widerspricht – und trotzdem verehrt wird. Eine bald im „American Economic Review“ veröffentlichten Studie klärt nun auf. Die Autoren stellen fest, dass populistische Politiker ihre Macht festigen, wenn sie ihre Wähler leiden lassen. Trumps Steuer- und Zollpolitik ist also nicht unklug oder ein Geschenk an seine wohlhabenden Unterstützer, sondern ein strategisches Kalkül.
Um das zu verstehen, muss man tiefer in das Wesen des Populismus eintauchen. Die Studienautoren Adam Szeidl und Ferenc Szucs erklären, dass die Essenz des Populismus in einer falschen Verschwörungserzählung liegt. Bei dieser geht es darum, dass die intellektuelle Elite aus rein ideologischen Gründen gegen die Populisten plant. Wissenschaftler, Medien und andere Politiker werden als einverbundene Einheit dargestellt, die zum Nachteil des Volkes agiert.
Diese Erzählung ist für die Wähler verlockend, weil sie einfache Erklärungen und emotionale Botschaften bietet. Zum Beispiel erhebt Viktor Orbán in Ungarn den Eindruck, alles Negative komme entweder von der EU oder von einem Netz um George Soros. AfD-Politiker Björn Höcke sieht zu einer „Altparteienkartell“, das angeblich am „Niedergang Deutschlands“ arbeitet. Trump selbst behauptet bis heute, die Wahl 2020 sei illegal gestohlen worden, und warnt vor einem „Deep State“, der gegen die Bürger arbeitet. Er ruft dazu auf: „Entweder vernichtet der Deep State Amerika, oder wir beenden den Deep State!“
Gegenwind hat kaum Wirkung
Das Problem dabei: Wenn genügend Menschen diesen Verschwörungsglauben annehmen, scheint jede Gegenargumentation vergeblich. In ihrem komplexen mathematischen Modell zeigen die Ökonomen Szeidl und Szucs, dass sachliche kritik von Medien und Wissenschaft absolut wirkungslos ist und sogar den Glauben an feindliche Kräfte verstärkt. Es zeigt sich immer mehr, die Elite greift an; das bekräftigt nur, dass sie im Recht sind.
Interessanterweise werden in den USA jene, die die populistischen Ansichten kritisieren, von Trump und seinen Unterstützern in den Kreis elitärer Verschwörer aufgenommen. Somit ist es nicht einmal notwendig, Medien und Wissenschaftlern Richtlinien zu verordnen – sie werden statt dessen zum Werkzeug der populistischen Narrative.
Fraglich bleibt jedoch, weshalb die schädlichen Steuergesetze und Zölle nicht a ken, dass hier ein falsches Spiel gespielt wird. Die Antwort liegt in dem, was die Ökonomen „reduzierte Rechenschaftspflichten“ nennen. Populistische Politiker erreichen es, bei vielen Wählern den Eindruck zu erwecken, dass sie in der Führungsposition nicht wirklich das Sagen haben. Obwohl sie an der Macht sind, stellen sie sich als Kämpfer gegen die Struktur von Bürokratie, Gerichten und Medien dar.
In der Realität heißt das: Wenn die Wähler weniger Geld haben, liegt das nicht an Trump selbst, sondern an bösen Mächten und ausbeuterischen Handelspartnern. Für ihre Erfolge feiern sie sich selbst, Misserfolge deuten sie als Beweis für eine Verschwörung. So findet jeder eine Erklärung für alles und keine verantwortungsvollen Gründe. Der einzige, der das Volk retten kann, ist der Populist selbst.
Gibt es Aussicht auf Besserung?
Die Forschungsergebnisse des Kiel Instituts für Weltwirtschaft deuten darauf hin, dass es an dieser dynamischen Entwicklung von Verschlechterung für die Bürger und Machtentstehungen für Populisten tatsächlich etwas dran ist. Die soziokonomischen Indikatoren beweisen, dass trotz sinkendem Pro-Kopf-BIP in von Populisten regierten Ländern diese Politikanker erst lange im Amt bleiben.
Die Frage, die sich aus der Studie ergibt: Was kann als Ausweg aus diesem Teufelskreis dienen? Was tun, wenn berechtigte Kritik den Populisten nur stärker aufstellt und selbst Wohlstandseinschnitte ihre Macht noch mehr namnahe? Definitive Lösungen bieten die Forscher nicht. Sie skizzieren jedoch Szenarien, in denen verbreitete Propaganda weniger effektiv ist und Populisten eher als inkompetent dargestellt werden. Allerdings liefern sie kein Handbuch darüber, wie man die Situation retten kann.
Zwei Gedanken sind allerdings besonders bedeutsam. Erstens: Es wäre ein Fehler, sich über die vermeintliche wirtschaftliche Inkompetenz von Trump und Co. zu beschweren. Denn ihren Künstler sollten wir in einem rationalen Machtplan erkennen. Diese klare Machtverteilung identifizieren zu können, funktioniert offenbar viel besser als emotionalisierte Angriffe. Außerdem sollten Nichtpopulisten miteinander intensiv über Wirtschaftspolitik diskutieren, damit der Eindruck der homogenen, verschwörerischen Elite gemindert wird, was den Populisten weit weniger Zuspruch bei der Wählerschaft verschafft.
