Feiern Arbeitslose ihren Lifestyle? Ein Blick auf die neuen „Infaulencer“

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Auf Social Media zeigen junge Arbeitslose ein Leben voller Entspanntheit, in dem Amtsgänge, Lunchdate und Friseurbesuche den Alltag prägen. Dabei ernten manche facto Beifall. Doch ist das lediglich blanker Hohn oder ein Schritt zur Entstigmatisierung von Jobverlust?

Die TikTok-Creatorin @laeryssa17 bringt es auf den Punkt: „Wie soll man ernsthaft fünf Tage die Woche neun Stunden arbeiten, nur um zwei Tage frei zu haben?“ Für sie ist die Vorstellung eines Traumjobs schlichtweg absurd. Auch Nadine Wagenaar, 34, hat seit Dezember 2024 ALG1 und gewährt auf Instagram Einblicke in ihren entspannten Alltag. Mit regelmäßigem Spazierengehen und gelegentlichen Terminen bei der Arbeitsagentur begeistert sie inzwischen 60.000 Follower – warum bloß?

Diese neuen „Infaulencer“ sorgen für hitzige Diskussionen. Zunächst wirken sie provokant, bei näherer Betrachtung jedoch mutig und fortschrittlich. Anstatt sich in einer Schandecke zu verstecken, gehen sie selbstbewusst auf die sozialen Medien und reden offen über ihre Bewerbungsmühen. @cc.blow, die sich selbst als „Deutschlands fotzigste Arbeitslose“ bezeichnet, zeigt, dass auch ein erfülltes Leben während der Arbeitslosigkeit möglich ist. Diese Frauen brechen mit dem Klischee, dass Arbeitslosigkeit immer trübselig sein muss.

Küddigungen neu definiert

„Wer denkt, Arbeitslosigkeit verbringt man nur im Jogginganzug auf dem Sofa, ist gründlich auf dem Holzweg!“, äußert sich Nadine Wagenaar gegenüber BRIGITTE. Die Akademikerin mit zwölf Jahren Erfahrung im Online-Marketing hinterfragt, was sie tatsächlich mit ihrem Leben anstellen möchte. Bis sie die Antwort findet, nutzt sie ihr Arbeitslosenversicherungsgeld und steht dazu.

Mit dieser vibrierenden Einstellung treffen sie und andere auf ein drängendes Thema: In der Social-Media-Sphäre scheinen alle erfolgreich zu sein, schöne Urlaube und Markenklamotten vorzuzeigen, während die Wahrheit oft ganz anders aussieht.

Wirtschaft in der Krise? Kein Problem!

Die Meinungen dazu spalten sich. Einige finden es erfrischend, wie offen sich diese Frauen über ihre Situation äußern, während andere kritisch urteilen und verlangen, alle Gelder zu streichen. Während in Talkshows gegen Arbeitslose mobilgemacht wird, inszenieren die „Infaulencer“ ihre Arbeitslosigkeit glamourös als eine Art Sabbatical – wenigstens solange das ALG1 läuft.

Ob diese Darstellungen die Realität widerpiegeln, sorgt für Kontroversen. Die Zeit kritisierte, dass sie durch ihre selbstdarstellenden Inhalte das wahre Leben „echter Arbeitsloser“ nicht abbilden. Wagenaar erwidert darauf: „Muss Arbeitslosigkeit denn immer gleich aussehen, damit sie echten Wert hat?“

Das Leistungskonzept der Vergangenheit?

Nun stellen sie traditionellen Leistungsdruck in Frage, der suggeriert, dass nur harte Arbeit wertvoll sei. Stattdessen stehen Selbstfürsorge, Work-Life-Balance und Authentizität hoch im Kurs. Zu sehen, dass jemand erklärt: „Ich bin gerade nicht produktiv – und das ist völlig okay verst rkt die Freiheit, vom alten Rollenbild abzukommen.

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