Norderstedt, nur einen Katzensprung von Hamburg entfernt, sorgt gerade für Gesprächsstoff: Die Stadtverwaltung hat ein radikales Verbot für gendergerechte Sprache beschlossen. Die Entscheidung traf der Hauptausschuss mit knapper Mehrheit und sieht vor, dass auf Gendersternchen und andere Sonderzeichen ab sofort komplett verzichtet wird.
Bereits eingeführte Regel im Rückwärtsgang
Mit diesem Beschluss wird der erst 2021 eingeführte Leitfaden zur genderneutralen Sprache wieder annulliert. Die CDU, FDP sowie die AfD haben den entsprechenden Antrag auf den Weg gebracht, während Grüne und SPD dagegen ankämpften.
Kritik aus Bildungsinstitutionen
Tobias Mährlein, der stellvertretende Fraktionschef der FDP, erklärt, dass SchülerInnen in der Schule für die Schreibweisen kritisiert werden, die von der Verwaltung genutzt werden. Seiner Meinung nach ist das nicht förderlich für den Lernerfolg. Auch die Oberbürgermeisterin Katrin Schmieder merkte an, dass die Verwaltung bereits weitgehend auf solche Zeichen verzichtet hat, abgesehen von einer Broschüre für eine Museumsausstellung, die noch Verwendung fand.
Allerdings trifft die Entscheidung nicht nur auf Zustimmung. Bernd Schauer von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Schleswig-Holstein äußert klare Kritik und bezeichnet die Argumentation der Stadt als „ziemlich daneben“. Für ihn ist das Ganze lediglich ein „politischer Kulturkampf“, der keinen Einfluss auf den Schulalltag hat. Schließlich gilt seit Jahren ein Erlass des Bildungsministeriums, der das Gendern im Unterricht ohnehin schon untersagt.
Bedenken der Stadt werden als überflüssig erachtet
Schauer kritisiert die Befürchtung der Stadt, dass SchülerInnen durch gendergerechte Sprache verunsichert würden. Diese Behauptung sieht er als Scheinproblem. Für ihn liegt das wahre Problem, die sinkenden Lese- und Schreibfähigkeiten, in einer unzureichenden personellen Ausstattung der Schulen und der steigenden Nutzung von Medien. „Die Kinder kämpfen heute mit ganz anderen Herausforderungen“, so Schauer.
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Der Blick aus den Schulen
In den Schulen selbst ist man ebenfalls wenig begeistert von der Entscheidung. Die Gemeinschaftsschule Ossenmoorpark in Norderstedt hat scheinbar bereits eigene Wege gefunden, um geschlechtergerecht zu formulieren, ohne auf strenge Vorgaben zurückgreifen zu müssen. Oft wird einfach beide Geschlechter ausgeschrieben oder es werden partizipiale Formen genutzt.
