Heiterblick #77: Macht der Osten vielleicht keine Rettung nötig?

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Hallo Leipzig!

Neulich hatte Michel Abdollahi, der Moderator vom NDR aus Hamburg, ein Video veröffentlicht, in dem er seine Enttäuschung über die geringe Nachfrage zu seiner Lesung in Leipzig äußerte.

Seine Veranstaltungen sollten für ihn möglichst „ausverkauft“ sein. Die Tatsache, dass das anscheinend nicht der Fall war, ließ ihn zu der Schlussfolgerung kommen, dass im Osten „strukturell etwas gewaltig schief läuft“.

Könnte man das als Zeichen für eine gewisse Demokratie-Müdigkeit im Osten deuten? Ist es wirklich so, dass, weil eine Lesung in einem Ort wie Leipzig nicht ausverkauft ist, gleich das ganze Bild fragwürdig wird?

In den Kommentaren zu seinem Video formierte sich schnell eine lebhafte Debatte. Bekannte Gesichter wie Ilko-Sascha Kowalczuk, Daniel Kubiak und andere ließen es sich nicht nehmen, ihre Meinung kundzutun.

Vor allem die Frage, ob der Osten vielleicht gar nicht gerettet werden möchte, stellte viele Ostdeutsche in ihren Kommentaren: „Wollen wir das überhaupt?“

Und zu Recht, denn der Grund für das bescheidene Interesse an einer Veranstaltung ist nicht bei jedem gegeben, auch nicht bei jemandem wie Abdollahi, der viel für die Sichtbarkeit ostdeutscher Themen getan hat. Er muss einsehen, dass nicht jeder letztlich für ein ausverkauftes Haus verantwortlich ist.

Abdollahi wurde dafür kritisiert, dass er in seiner Entwicklung den Eindruck vermittelte, sein Auftritt könnte eine Lösung für die ostdeutsche Strukturschwäche sein. Er rief: „Kommt zu meiner Lesung, dann ist die Demokratie gerettet!“ So einfach ist es aber nicht.

Abdollahis Verdächtigungen schienen auch unangebracht, wenn man den Ort seiner Lesung betrachtet: Leipzig-Connewitz – dieses Viertel ist nicht unbedingt das klassische „Osten“, den er als problematisch anspricht. Wenn er hier nicht die richtige Zielgruppe findet, sollte er vielleicht weniger nach „Strukturen“ fragen und mehr an seiner eigenen Promotion arbeiten.

Doch nichts desto trotz hat Abdollahis Aussage auch etwas Wahres. Generell sollten wir wieder mehr zusammenkommen. Dabei spielt es vielleicht gar nicht die Rolle, wo wir es tun oder was genau auf der Bühne passiert – sei es eine Lesung, ein Film oder eine Comedy-Show.

Es äußerten sich auch Kommentatoren unter Abdollahis Post, die eine ähnliche Ansicht vertraten. Sachsen-Demokratie-Vereine, die gerade viele Herausforderungen durchleben, korrigierten einige seiner Beobachtungen, ohne selber extrem zu sein: „Was du beschreibst, leben wir zu gut.“ Allerdings nicht in Leipzig-Connewitz, sondern viel eher in Städten wie Plauen, Bautzen oder Wurzen.

Der Verein Colorido aus Plauen bemerkte: „Viele Künstler passen sich im Osten an. Kritik an der Politik gibt’s Sorgen, aber: Kritik an der AfD – da ist Schweigen.“

Das NdK Wurzen sagt: „Lesungen sind super, aber echte Veränderung kommt nur durch längerfristige Tätigkeiten hier vor Ort.”

Die Stimmen der Vereine waren dabei deutlich empathischer und zurückhaltender als jene, die поспорили; während viele mit Ironie auf die Situation tischteten, freuten sich die Vereine, dass jemand es endlich mal gesagt hat.

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Wo hangeln sich die Leipziger gerade so herum?

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Vergessen Sie eine Reservierung bei SUSURU – sonst bleibt Ihnen nur der Anblick dieser Bande Nudelmaschine im Feierabend. Quelle: LVZ

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Danke fürs Lesen, und bis in zwei Wochen,

Dein Josa

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