Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem wichtigen Urteil eine entscheidende Klausel bei Riester-Versicherungen aus geboten. Diese Klausel erlaubte es dem Versicherer, die monatliche Rentenzahlung zu senken, ohne sich gleichzeitig zur Anhebung zu verpflichten, sollte sich die Lage der Versicherten verbessern. Jetzt ist diese Regelung Geschichte.
Die Problematik um diese Klausel entbrannte, als die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg die Allianz-Lebensversicherung verklagte. Nach dieser umstrittenen Regelung durfte die Allianz den Rentenfaktor verringern, wenn wegen unvorhersehbarer Umstände entweder die Lebenserwartung der Versicherten anstieg oder die Erträge der Kapitalanlagen sanken. Das Oberlandesgericht Stuttgart hatte bereits im Januar entschieden, dass die Versicherung sich auf diese Klausel nicht berufen dürfe. Der BGH hat nun im Wesentlichen dieses Urteil bestätigt und die Revision der Allianz abgelehnt. Die Vereinbarung war unwirksam, da sie keine 잱dung bot, die notwendige Korrekturen des Rentenfaktors bei besseren Umständen vorsah, was die Versicherten unangemessen benachteiligte!
Bisher war es Versicherern gestattet, den Rentenfaktor zu reduzieren, wenn sich die Bedingungen verschlechterten. Aber es gab keine vergleichbare Verpflichtung, bei einer Verbesserung die Rente anzuheben. Das sah der BGH als gravierenden Verstoß gegen das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) an, namentlich gegen § 308 Nr. 4 „Unzumutbare einseitige Leistungsänderung“ und § 307 Abs. 1 BGB „Unangemessene Benachteiligung gegen Treu und Glauben“.
Die neue Entscheidung gibt ein wichtiges Signal: Wenn die Lebensbedingungen günstigere Entwicklungen zeigen, müssen den Versicherten auch entsprechende Vorteile in ähnlichem Maße gesichert werden. Eine einfache Zusage von Seiten der Allianz, dass der Rentenfaktor bei Beginn der Auszahlung vielleicht wieder angehoben werden kann, ist nicht ausreichend.
Die Riester-Rente, seit 2002 staatlich gefördert, dient dem Aufbau einer privaten Altersvorsorge. Das Urteil könnte weitreichende Konsequenzen nach sich ziehen. Verbraucherschutzorganisationen haben nun die Möglichkeit, den Einsatz solcher Klauseln zu stoppen. Auch alle betroffenen Versicherungsnehmer könnten nun Ansprüche gegen ihre Gesellschaften geltend machen. Der Sprachdienst meldet, dass diese Entscheidung möglicherweise auch für Verträge anderer großer Anbieter genutzt wird.
Nach Informationen des Versicherers dürften insbesondere Verträge von der Allianz betroffen sein, die zwischen Juli 2001 und Juni 2013 abgeschlossen wurden. Für Verträge, die danach geschlossen wurden, gilt diese Klausel nicht mehr, betonte ein Vertreter der Allianz.
Nach Einschätzung des Bundes der Versicherten umfasst das aktuelle Urteil jedoch weit mehr als nur enzymatisch die Allianz. Vorstand Stephen Rehmke geht davon aus, dass insgesamt etwa eine Million Verträge von verschiedenen Anbietern in Mitleidenschaft gezogen werden könnten, die bis zur Mitte der 2010er-Jahre angeboten wurden und von denen viele später aufgrund ähnlicher Klauseln Rentenverluste in Kauf nehmen mussten.
(mit AFP/dpa)
