Im Bereich Digital Health steckt viel mehr Potenzial als viele denken. Gerade in den oft tabuisierten Themen wächst eine Vielzahl neuer Möglichkeiten, die vorher im Dunkeln lagen. Ersten Indikatoren zufolge entstehen hier frische Märkte, noch bevor sie richtig in den Fokus rücken.
Die digitale Gesundheitswelt ist ein vielversprechendes Investmentfeld mit zahlreichen Chancen.
Die Struktur der Gesundheitsmärkte verändert sich rasant. Das liegt nicht nur an neuen Technologien, sondern auch an steigendem gesellschaftlichen Druck und Löchern in der Versorgung. Dort, wo traditionelle Strukturen versagen, kommt es zu einer erhöhten Nachfrage nach diskreten und leicht zugänglichen Angeboten. FürInvestoren, die auf der Suche nach renditestarken Optionen sind, ergeben sich hier einmalige Chancen, die sowohl sozialen Impact als auch wirtschaftliche Erträge vereinen und uns erste Hinweise auf zukünftige größere Marktentwicklungen geben können.
Tabuthemen als unterschätzte Motoren des Wachstums
Ein großer Teil der gesundheitlichen Probleme bleibt unaddressiert, weil Betroffene sich schämen. Themen wie Erektionsstörungen, Unfruchtbarkeit, Essstörungen oder die Folgen sexueller Gewalt werden häufig gemieden. Millionen von Menschen suchen Hilfe, fühlen sich aber im bestehenden Gesundheitssystem oft nicht wohl, weil Termine bei Fachleuten selten sind und das Teilen sensibler Informationen schon fast unüberwindbar scheint. Aus Angst vor Stigmatisierung weichen sie auf das Internet aus, wo zwar viele Lösungen offeriert werden, die Seriosität der Anbieter jedoch meist unklar bleibt. Genau hier liegt die Chance für digitale Modelle, die Diskretion, Nachweisbarkeit und Zugänglichkeit vereinen.
Startups wie Everyman setzen sich beispielsweise mit der Gesundheit von Männern auseinander und brechen gängige Klischees. Lösungen wie Linq bieten geschützte digitale Räumen für den Umgang mit sensiblen Inhalten und vermeiden Missbrauch. Firmen wie Béa Fertility helfen Betroffenen, ihre Fertilitätsprobleme selbst in die Hand zu nehmen, wenn Arztbesuche, wie bei IVF, unzugänglich oder teuer sind. Diese Unternehmen repräsentieren die neue Welle von TabooTech-Startups, die gesellschaftlich relevante Herausforderungen mit digitalen Lösungen anpacken und dabei auf erkennbare, skalierbare Nachfrage gegenüberstehen, wodurch geschäftliche Chancen mit sozialer Wirkung entstehen.
Frühphasen-VCs als Trendweiser für Gesundheitsmärkte
Investoren, die frühzeitig in bestehende Märkte einsteigen, sind Wegbereiter ihrer Entwicklung. Aus dem aktivsten Early-Stage-Digital-Health-Portfolio Europas lassen sich folgende Trends ablesen: Bereiche wie psychische Gesundheit, KI-gestützte Diagnosen oder sexuelle Selbstbestimmung sind in den Dealflows Monate früher sichtbar, als es später in den Marktanalysen zu erkennen ist.
Gerade in Sektoren mit geringerer öffentlicher Wahrnehmung zeigt sich der Trend früher. Besonders spannend ist, dass Menschen oft bereit sind, digitale Lösungen aus eigener Tasche zu finanzieren, wenn ihre Krankenkasse sich nicht an den Kosten beteiligt. Diese Verschiebung beschäftigt zunehmend auch die traditionellen Finanzakteure: Eigene Kosten übernehmen wird konstanter, da Nutzer bereit sind, in vertrauensvolle und wirksame Lösungen zu investieren.
Warum TabooTech auch finanziell begeistert
Die Behandlung von Tabuthemen zielt direkt auf akute Probleme, die schnell erkannt werden. Dieser Leidensdruck erhöht die Zahlungsbereitschaft und ermöglicht rasche Validierungsprozesse. Gleichzeitig wissen wir aus der Erfahrung, dass es wichtig ist, passendes Gründerteam zu haben: Teams mit eigener Betroffenheit oder beruflichem Hintergrund bieten oft präzisere Produkte an und präsentieren sich glaubwürdiger in sensiblen Felder.
Dennoch, gerade in der Gesundheitsbranche, gibt es einige Herausforderungen im Weg. Ein wichtiges Thema ist die regulatorische Landschaft, die entscheidend über das Schicksal eines Unternehmens sein kann. Erfolgreiche Teams fokussieren sich oft auf klar definierte Bereiche, setzen von Anfang an auf Datenschutz und orientieren sich an bestehenden Patientenströmen. Nur so gelingt es, innovative digitale Lösungen im Gesundheitssektor stabil zu verankern. Gleichzeitig gewinnt die Infrastruktur an Bedeutung: API-basierte Systeme, Diagnosetools und hybride Versorgungsansätze erhöhen nicht nur die Skalierbarkeit, sondern fördern auch die Interoperabilität, was im europäischen Gesundheitssystem entscheidend ist.
Orientierung für Investitionsentscheidungen im Digital-Health-Sektor
Digital-Health-Startups legen ihren Fokus verstärkt auf Themen, die innerhalb der bisherigen Gesundheitsstruktur schwer angegangen werden können. Das führt zu einer spannenden ganz neuen Anlageklasse:
1. Früherkennung von Trends
Dealflows zeigen auf, welche Gesundheitsbedarfe sich schnell entwickeln, noch bevor offizielle Statistiken das abbilden. Dazu zählen mentale Gesundheit, reproduktive Selbstbestimmung oder präventive Behandlungen.
2. Skalierbarkeit durch digitale Formate
Digitale Angebote umgehen Engpässe, die durch traditionelle Modelle verursacht werden und erreichen Zielgruppen, die von herkömmlichen Anbietern oft nicht bedient werden. Dadurch wird die Unabhängigkeit von den bisherigen Kostenerstattungspfaden erhöht.
3. Stabil wachsendes Segment der Selbstzahler
Die Bereitschaft, selbst für Gesundheitslösungen zu zahlen, steigt konstant, selbst bei hohem Preisbewusstsein. Vertrauen, Diskretion und echte Effektivität sind zentrale Inkredienten.
4. Kombination von gesellschaftlicher Wirkung und finanziellen Erträgen
Soziale Aspekte und ökonomische Performance schließen sich nicht aus. Digitale Gesundheitslösungen können sowohl existierende Versorgungslücken schließen als auch robuste Geschäftsmodelle hervorbringen.
Zusammenfassung: Digital Health prägt neue Märkte
Digital Health hat sich als verlässlicher Indikator für aufkommende Märkte im Gesundheitsbereich etabliert. Bereiche, die als tabu gelten, profitieren stark von der raschen Entwicklung, die offenbare Versorgungsengpässe aufzeigen. Digitale Dienste bieten angepassten Zugang, verknüpfen Diskretion mit evidenzbasierter Versorgung und erreichen hohe Zahlungsbereitschaft. Investoren finden hier ein neues Anlagefeld, das gesellschaftlichen Nutzen und wirtschaftliche Attraktivität kombiniert. Ein frühzeitiges Engagement stellt einen Zugang zu neu entstehenden Märkten dar, wo digitale Formate einen spürbaren Einfluss auf die Entwicklungen haben werden.
Lucanus Polagnoli
Lucanus Polagnoli ist Gründer und Managing Partner von Calm/Storm Ventures, dem aktivsten Investor in der Frühphase im Bereich digitale Gesundheit in Europa. Mit fast 100 super-early-stage Investments gilt er als einer der bedeutendsten HealthTech-Investoren des Kontinents. Zuvor war er Partner bei Speedinvest und engagiert sich jetzt besonders für sozial verantwortliche Gründungsteams sowie digitale Lösungen in den Bereichen Gesundheit, Wohlbefinden und Nachhaltigkeit.
