Michelle spricht offen: „Jetzt weiß ich, was für mich richtig ist“

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Es ist ernst: Schlagerstar Michelle kündigt im Januar die Sonderausgabe ihres Albums „Wahnsinnig“ an. Ihre Abschiedstour führt sie am 5. Februar nach Köln und am 11. Februar nach Düsseldorf, wobei die Reise an ihrem Geburtstag in Berlin endet.

Nach all diesen Jahren wird aus der bekannten Bühnensensation die „normale Frau“ Tanja Hewer, die dann 54 Jahre alt sein wird. Ihr Lebensweg war geprägt von Höhen und Tiefen, was sie in einem aufschlussreichen Gespräch mit dem EXPRESS im Hotel „Stadtpalais“ in Deutz teilt.

Michelle über ihren Ruhestand: „Zu lebendig dafür“

Sie haben Ihr letztes Konzert in Köln für den 5. Februar angesetzt. Habt ihr diese Entscheidung schon einmal bereut?

Michelle: Nicht einmal! Ich bereue absolut nichts in meinem Leben.

Was wird Ihr letztes Lied sein?

Michelle: Das verrate ich hier nicht, liebe Leser!

Wie fühlt es sich an, sich von so vielen Fans und Ihrer Vergangenheit zu verabschieden?

Michelle: Es berührt mich ganz tief. Es war eine 33-jährige Reise mit einem fantastischen Publikum, und ich glaube, diese Tour wird sehr emotional.

Und dann wird Michelle Geschichte sein, nur noch die Tanja?

Michelle: Jaa, so wird es kommen. Ich fühle mich aber nicht traurig darüber. Es ist der Abschluss eines wichtigen Prozesses, den ich selbst gewählt habe. Wenn eine Tür sich schließt, öffnet sich eine neue. Es stehen aufregende Dinge an, die mehr mit mir als Tanja und meinem Herzen zu tun haben. Ich werde nicht einfach rumsitzen. Dafür bin ich viel zu lebendig und kreativ!

Vor 20 Jahren haben Sie Ihren Abschied auch angekündigt, dann aber einen Hundesalon in Köln eröffnet. Warum sind Sie zurückgekehrt?

Michelle: Damals war das eine emotionale Reaktion. Ich musste zu mir selbst finden. Ich war erschöpft und wollte etwas machen, das mich verwurzelt.

Man könnte meinen, Michelle und Tanja seien zwei unterschiedliche Personen. Der Star auf der Bühne und die „normale“ Frau im Alltag …

Michelle: Das ist ziemlich zutreffend. Ich muss betonen, dass der Auftritt auf der Bühne ein Beruf ist, und ich trage dabei eine Maske und Kostüme, um Illusionen zu erzeugen. **Michelle** war immer makellos. Aber **Tanja**, die ich bin, ist eine alltägliche Frau, die ihre Kinder aufzieht und auch mal Fehler macht.

Sie hatten viele Hits. Waren das Ihr Favoriten? Welche Lieder bedeuteten Ihnen viel?

Michelle: Die kleinen, persönlichen Lieder sind oft die, die mir viel mehr wert sind. Ich denke da besonders an „Kleine Prinzessin“ für meine 1998 geborene Tochter Cèline. Auch „Sternenkind“ aus 2009 liegt mir am Herzen, da ich selbst ähnliche Verluste erlebt habe.

Eine junge Frau mit langen blonden Haare in einem schwarzen Hosenanzug sitzt einem älteren Herrn mit blauem Sakko und rotem Schal gegenüber. Beide sitzen vor einer golden angestrahlten Wand und lächeln.
Michelle im Interview mit EXPRESS-Reporter Horst Stellmacher. Das Foto wurde im Oktober 2025 in Köln gemacht. Martina Goyert

Ein berührendes Stück ist „Der Junge mit den weißen Haaren“, in dem es heißt: „Ungeliebt zu sein, zieht dir den Boden weg.“ Hast Du so etwas erlebt?

Michelle: Ja, das war ein einschneidendes Erlebnis aus meiner Kindheit. Ich lebte in einer Pflegefamilie, die keine gute Umgebung für Kinder war. Einer der Pflegekinder war ein vierjähriger Junge mit schon weißen Haaren, der sehr unter seinen Erfahrungen litt. Abends weinte er oft, und ich habe ihn dann umarmt, damit er weiß, dass er nicht allein ist.

Brauchen Sie auch mal jemanden zum Kuscheln?

Michelle: Auf jeden Fall! Das ist heute extrem wichtig für mich. Früher war ich immer im Stress und hab einfach funktioniert.

Wie sind Sie zur Musik gekommen?

Michelle: Mit 14 Jahren. Ich lebte bei einer Familie und half als Kindermädchen im Haushalt. Der Vater hatte eine Band, und als die Sängerin ausfiel, durfte ich einspringen. So startete es für mich.

Sie haben in Ihrer Karriere viele Höhen und Tiefen erlebt. Gab es Konflikte mit Freunden?

Michelle: Absolut. Ich kam aus einer schwierigen Umgebung und hoffte, dass die Show-Business-Welt besser wäre, stellte aber schnell fest, dass es auch dort Herausforderungen gibt.

Zwei Frauen mit blonden Haaren und schicker Kleidung halten sich im Arm. Die Frauen sehen sich sehr ähnlich.
Familie hat für Michelle einen besonderen Stellenwert: Ihr enges Verhältnis zu Tochter Marie Reim, die ebenfalls singen möchte. Das Bild zeigt die beiden im Januar 2025. IMAGO/pictureteam

In Ihrer Kunst haben Sie auch die Schattenseiten des Glamours gespürt. Haben Sie auch Sexismus erlebt?

Michelle: Ja, in meinen früheren Jahren war der Sexismus allgegenwärtig. Beim Vorsprechen musste ich oft hören, dass ich auch „anderes“ tun müsse, um Sängerin zu werden. Aber ich habe nie darauf geachtet und so die richtigen Schritte gewählt.

Aber Sie haben doch Erfolg gehabt …

Michelle: Ja, ich habe einen Produzenten finden können, der an mich geglaubt hat, ohne anstößige Angebote. Er hat den ersten Song geschrieben, mit dem ich auf meiner ersten Veranstaltung auftrat.

Und das waren alles große Namen…

Michelle: Ja, und die Kristina Bach hat mir dann den Weg geebnet. Es war eine interessante Anekdote, weil ich sie beim Rauchen getroffen habe. Nach meinem Auftritt bat sie mich, mich mal zu melden, und lud mich schließlich dazu ein, einen Hit zu landen.

Vor eineinhalb Jahren verließen Sie Köln. Hat sich Ihre Verbundenheit zur Stadt verändert?

Michelle: Die Liebe zu Köln bleibt! Kölle ist und bleibt mein Herz, da ist meine Familie. Jedes Mal, wenn ich die Dom-Spitzen sehe, wird mir warm ums Herz. Köln ist meine Heimat .

Sie haben ein bemerkenswertes Leben geführt …

Michelle: … und ich lebe es bis heute mit Höhen und Tiefen. Licht und Schatten sind unverzichtbar im Leben, ohne das eine weiß ich nicht, was das andere ist. Ich bin dankbar für all diese Erfahrungen.

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