Es kann ganz schleichend beginnen: Der regelmäßige Besuch im Supermarkt findet nicht mehr so oft statt, die Fahrten werden kürzer und nächtliche Autofahrten wird ganz vermieden. Was auf den ersten Blick harmlos wirkt, könnte ein erstes Warnsignal sein für Einschränkungen im Geiste, die oft unbemerkt bleiben.
Schon bevor das Gedächtnis nachlässt, können sich bei manchen älteren Menschen die Fahrgewohnheiten ändern. Nicht jede Unregelmäßigkeit deutet direkt auf eine Demenz hin, aber sie kann ein Indiz dafür sein, dass nicht alles in Ordnung ist.
Ein Team um Ganesh M. Babulal von der Washington University School of Medicine in St. Louis hat untersucht, wie sich das Fahrverhalten im Alter wandelt und was das über die geistige Gesundheit aussagen kann. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Neurology veröffentlicht.
Analyse des Fahrverhaltens über drei Jahre mittels GPS
Für die Studie wurden 298 Probanden über 65 Jahre lang begleitet – mehr als drei Jahre. Alle Teilnehmer fuhren mindestens einmal pro Woche und absolvierten regelmäßig Gedächtnis- und klinische Tests. Das Durchschnittsalter lag bei 75 Jahren. Zu Studienbeginn galten 242 als geistig fit, während 56 Teilnehmer bereits Anzeichen einer leichten kognitiven Beeinträchtigung aufwiesen, was ein mögliches, jedoch nicht zwingendes Vorzeichen einer Demenz darstellt.
Die Autos der Teilnehmer waren mit GPS-Datenloggern ausgestattet, die jede Fahrt automatisch erfassten – inklusive Strecke, Dauer, Uhrzeit, Geschwindigkeit und Abweichungen von gewohnten Routen.
Welche Fahrverhalten auf Gedächtnisprobleme hinweisen
Anfangs waren die Fahrmuster der Probanden ähnlich. Bei denjenigen, deren Gedächtnis jedoch nachließ, fanden sich bald deutliche Unterschiede. Diese Betroffenen fuhren seltener, kürzer und vorsichtiger. Nachteinfahrten, spontane Ausflüge und neue Ziele vermieden sie zunehmend und hielten sich an vertraute Routen. Auch die Anzahl der monatlichen Fahrten nahm allmählich ab.
Aus den gesammelten Fahrdaten entwickelten die Forscher Modelle, um mögliche kognitive Beeinträchtigungen frühzeitig zu erkennen, und das mit einer bemerkenswerten Trefferquote: Allein aufgrund der Fahrmuster lag die Erkennungsrate bei satten 82 Prozent. Berücksichtigte man zusätzlich das Alter, die Resultate der Gedächtnistests und genetische Vorbelastungen, stieg die Genauigkeit auf etwa 87 Prozent. Ohne die aufgezeichneten GPS-Daten waren die Prognosen signifikant schwächer.
„Das tägliche Fahrverhalten zu beobachten, ist eine relativ einfache und unaufdringliche Methode, um die kognitiven Fähigkeiten der Menschen zu beurteilen“, so Babulal. „Dies könnte helfen, gefährdete Fahrer rechtzeitig zu identifizieren, um Unfälle zu vermeiden.“
