Schon seit Jahrhunderten ziehen die Fragen rund um das Altern die Neugier vieler Wissenschaftler an. Bereits Platon und Aristoteles diskutierten vor über 2300 Jahren den Alterungsprozess. Heutzutage jedoch richtet die Forschung ihre Aufmerksamkeit auf die komplizierten Wechselwirkungen zwischen Genetik und Lebensstil, mit dem Ziel, dem Rätsel der außergewöhnlichen Langlebigkeit näher auf den Grund zu gehen.
Aktuelle Studien, veröffentlicht in der Fachzeitschrift GeroScience, bieten neue Einblicke: Forscher haben möglicherweise entdeckt, dass bestimmte Blutwerte Jahrzehnte vor dem Erreichen eines hohen Alters anzeigen können, wer ein besonders langes Leben führt.
Größte Studie über Hundertjährige: Langzeitvergleich von 44.000 Schweden
Diese Untersuchung ist die umfassendste ihrer Art. Ein Forscherteam, angeführt von Epidemiologen Shunsuke Murata, hat Daten aus der Amoris-Kohorte durchleuchtet, welche die Gesundheitsprofile von 44.000 Menschen im Alter zwischen 64 und 99 Jahren enthält. Diese Personen wurden in den 1980er und 1990er Jahren medizinisch untersucht.
Wie berichtet wird, konnten die Wissenschaftler durch nationale Registerdaten nachverfolgen, wie sich das Leben dieser Personen über bis zu 35 Jahre entwickelte. Das Fazit: 1224 von ihnen, also etwa 2,7 Prozent, lebten mindestens 100 Jahre. Interessant ist, dass circa 85 Prozent von diesen Hundertjährigen Frauen waren.
Was sagen die Blutwerte über die Langlebigkeit?
Nachdem die Forscher die Überlebensfähigkeit der Kohorte überprüft hatten, untersuchten sie die Blutwerte der in Frage kommenden Hundertjährigen. Lauter Natur standen zwölf spezifische Blut-Biomarker im Fokus, die bereits in früheren Studien mit dem Alterungsprozess oder einem erhöhten Sterberisiko in Verbindung gebracht wurden. Dazu zählen Werte, die auf Entzündungen, Stoffwechselprobleme sowie auf Leber- und Nierenfunktion hinweisen.
„Wir haben herausgefunden, dass Hundertjährige ab 60 Jahren tendenziell niedrigere Werte bei Glukose, Kreatinin und Harnsäure haben“, erklärt die Co-Autorin Karin Modig, Professur für Epidemiologie am Karolinska Institut, in einem Beitrag. Höchstens Werte vieler Biomarker waren bei den Hundertjährigen nicht signifikant abweichend von denen der Nicht-Hundertjährigen. Besonders hohe Werte traten hingegen kaum auf – nur wenige Hundertjährige hatten in ihrer Jugend beispielsweise Glukosespiegel oberhalb von 6,5 mmol/L oder Kreatininwerte über 125 µmol/L.
Cholesterinwerte, Eisen und ihre Bedeutung für die Lebenserwartung
Die detaillierte Analyse zeigt, dass zehn der zwölf untersuchten Blut-Biomarker signifikant mit der Wahrscheinlichkeit in Verbindung standen, 100 Jahre alt zu werden; lediglich Alat und Albumin stellten hier eine Ausnahme dar. Alat ist ein Enzym, dessen Anstieg auf Organschäden hindeuten kann, und Albumin wird von der Leber produziert und reguliert den Nährstofftransport sowie den Flüssigkeitshaushalt. Diese Werte hatten keinen entscheidenden Einfluss auf die Langlebigkeit in der Analyse.
Obdachreiche an Menschen mit extrem niedrigen Cholesterin- oder Eisenwerten hatten eine geringere Wahrscheinlichkeit, das hohe Alter zu erreichen. Zudem verbrachten dauerhaft erhöhte Werte bei Glukose, Kreatinin, Harnsäure und bestimmten Lebermarkern weniger günstigen Einfluss auf die Chancen zur außergewöhnlichen Langlebigkeit.
Die Unterschiede in den Biomarkern waren nicht uniform, waren jedoch besonders auffallend bei der Harnsäure. In der Gruppe mit den niedrigsten Werten lag die Chance auf das Erreichen von 100 Jahren bei vier Prozent, während die Gruppe mit den höchsten Werten eine Wahrscheinlichkeit von nur 1,5 Prozent hatte, was einen signifikanten Unterschied von 2,5 Prozentpunkten ausmacht.
Karin Modig hebt hervor, dass diese Abweichungen zwar relativ klein scheinen, jedoch deuten sie auf eine Verbindung zwischen metabolischer Gesundheit, Ernährung und außergewöhnlicher Langlebigkeit hin.
Einschränkungen der Forschung: Genetik, Lebensstil und auch Zufall
Die Studie verdeutlicht, dass es Unterschiede in den Biomarkern schon viele Jahre vor dem Tod gibt. Eine offene Frage bleibt, wie stark genetische Faktoren und individuelle Lebensgewohnheiten diese Blutwerte beeinflussen. Wissenschaftler nehmen an, dass diätetische Faktoren und Alkoholkonsum eine Rolle dabei spielen.
Karin Modig empfiehlt daher, dass ältere Menschen regelmäßig ihre Nieren- und Leberwerte sowie ihre Glukose- und Harnsäurespiegel überprüfen lassen. Gleichzeitig erkennt sie an, dass auch Zufälligkeiten eine Rolle spielen können, wenn es um das Erreichen eines hohen Alters geht.
Letztlich zeigen die erhobenen Daten, dass zum Erreichen des 100. Geburtstags mehr gehört als nur gesunde Gewohnheiten – entscheidend ist das Zusammenspiel von genetischen Faktoren, Lebensumständen und auch etwas Glück.
