Dieser Artikel basiert auf einem Gespräch mit der 30-jährigen Fotografin und Youtuberin, Nikky de Graaf, die in den Niederlanden lebt. Der Text wurde zur Verbesserung der Länge und Klarheit bearbeitet.
Ich bin in einem kleinen, ruhigen Dorf aufgewachsen, wo gerade mal 1500 Leute leben. Die Schule, die ich besuchte, hatte gerade einmal 90 Schüler und Schülerinnen auf acht Klassen verteilt. Schon immer wollte ich wissen, wie es in einer Stadt so zugeht. Mit 20 bekam ich die Möglichkeit, für mein Studium nach Utrecht zu ziehen, nur 25 Minuten von Amsterdam entfernt.
Die Stadt war ganz anders als mein Heimatdorf. Ich wohnte in einer WG im dritten Stock eines dreckigen Altbaus an einer lauteren Straße. Mein Zimmer war ziemlich klein, nur 15 Quadratmeter, und die Miete betrug damals 450 Euro im Monat – das ist fast 10 Jahre her. Ich glaube, die Preise sind noch deutlich gestiegen! In der WG lebten vor allem andere Studenten, aber auch ein paar Berufstätige.
Die Stadt war nicht mein Ding
Nach ein paar Monaten hielt ich das Stadtleben nicht mehr aus. Der Stress war zu viel, alles war ständig laut und überfüllt, ich konnte einfach nicht entspannen. Als ich dann auszog, lebte ich ein paar Jahre bei meinem Vater, gut 20 Minuten außerhalb von Utrecht. In der Zwischenzeit hatte meine Mutter wieder geheiratet und plante mit ihrem neuen Mann, ein größeres Haus auf dem Land zu kaufen, damit auch meine Großmutter dort wohnen konnte. Sie luden meinen Bruder und mich ein, mit ihnen einzuziehen, und wir haben das Angebot angenommen.
Mein Bruder und ich wollten dennoch unsere Unabhängigkeit bewahren. Daher habe ich online nach einem günstigen Tiny House gesucht, was ich mir leisten konnte. Fündig wurde ich schließlich ein paar Stunden von uns entfernt und bezahlte dafür 1500 Euro. Zwar war es recht kaputt und benötigte viel Arbeit, aber mir war es wichtig, nicht allzu viel Geld auszugeben. Für die Transporte zahlte ich weitere 1250 Euro. So zog ich zu Beginn ohne Wasser und Strom ein, nur mit einer Matratze ausgerüstet. Doch das war der Beginn eines großartigen Abenteuers!
Nach ein paar Monaten hatte ich mein kleines Haus soweit, dass es alle wichtigen Dinge bot: Toilette, Badezimmer, Küche, Schlafzimmer und ein Wohnzimmer. Mit Hilfe meines Vaters und Bruders habe ich auch eine Veranda angebaut, um mehr Platz im Freien zu haben. Das Tiny House steht am Rande des Grundstücks, wunderschön gelegen unter hohen Bäumen und in unmittelbarer Nähe zu einem Teich, mit tollem Blick auf die Felder – ich bin wirklich glücklich hier. Ein kleines Dorf und einige Kleinstädte sind in der Nähe, und die größeren Städte sind je nach Verkehr in 40 bis 60 Minuten zu erreichen.
Mein Alltag wie ein Freigeist
Das Gros meines Einkommens kommt von Werbefotografie sowie Stockaufnahmen und Videoproduktionen. Mein Youtube-Kanal wird immer wichtiger für mich, da ich dort auch viele landwirtschaftliche Arbeiten dokumentiere.
Ich will ihn ordentlich ausbauen und hoffe, dass er eines Tages meine Haupteinnahmequelle wird, aber momentan ist das noch ein weiter Weg. Morgens kümmere ich mich zuerst um unsere Tiere: Hühner, Pferde, Schweine, Hund und Katze haben eine Menge Arbeit!
Daneben arbeite ich an verschiedenen Projekten zur Instandhaltung des Grundstücks – sei es Brennholz sammeln oder Tiergehege reparieren. Ich liebe es, handwerklich tätig zu sein. Meine Mutter schaue ich fast täglich an, oft gehe ich zu ihr hin, um einfach Hallo zu sagen. Ebenso verbringe ich viel Zeit mit meiner Großmutter, neben der ich sein möchte, wenn sie Hilfe braucht. Obwohl wir in respektablem Abstand wohnen, ist die Freiheit, sich nicht regelmäßig sehen zu müssen, genau richtig. Es ist dennoch schön, wenn wir uns mal besuchen.
Kein Gefühl, etwas zu verpassen
Zu unseren Nachbarn pflegen wir ebenfalls eine tolle Community. Wenn der Strom mal ausfällt, kommen allen zusammen und schauen, ob Hilfe gebraucht wird. Und wenn ich mal in die Stadt zum Essen gehe, ist es mit Freunden süß, selbst wenns grad ein bisschen weiterfahren heißt. Mich stört es wirklich nicht, dass wir weniger Möglichkeiten haben als in der Stadt.
Hin und wieder treffe ich ein paar Uni-Freunde, meist wenn ich mal nach Amsterdam aufbreche, da sie jetzt in der Stadt wohnen. Kurz mal einen Nachmittag im Monat gehe ich auch in der Umgebung auf mein paar Kindheitsfreunde treffen, die nicht weit leben. Ich genieße das Landleben sehr und habe nicht das Gefühl, etwas in der Stadt zu verpassen – schließlich bietet mir das Landleben zahlreiche Dinge, die mir viel bedeuten.
Rückblickend kann ich sagen, dass ich mir nie hätte vorstellen können, irgendwann mal in der Stadt winzig oder einsam zu sein. Ich genieße die Natur unglaublich, und wo ich jetzt wohne, fühlt sich für mich wie der beste Platz an. Dennoch träume ich vielleicht von alten Ländern, in die ich mal umziehen könnte. Die Vorstellung, woanders ein Aktualisieren im ländlichen Raum zu leben, könnte mir gefallen, aber eine Stadt wird mir nicht passen.
Dieser Text wurde zuerst im Oktober 2024 veröffentlicht.
