Bürgergeld: Koalition will konsequenter gegen Arbeitsverweigerung vorgehen

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Die Sorgen über die Ausgaben für das Bürgergeld sorgen für Unruhe unter den Politikern von SPD und Union. Ihr Vorschlag: Arbeitsverweigerer sollen stärker zur Verantwortung gezogen werden. Doch ist das überhaupt machbar?

Dieses Thema spaltet immer wieder die Gemüter. Vertreter der CDU/CSU sowie der SPD äußern sich erneut und sind gewillt, die hohen Kosten für das Bürgergeld zu senken, indem sie gegen jene vorgehen, die angeblich unberechtigt davon profitieren. Aber ist das wirklich so einfach?

Wie steht die Koalition dazu?

Dirk Wiese, der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Bundestag, hat klare Ansichten: „Wer unser System ausnutzt,_dem müssen wir deutliche Sanktionen entgegenstellen. Kriminelle Machenschaften und Schwarzarbeit – wie sie zum Beispiel im Ruhrgebiet vorkommen – können wir nicht dulden,“ erklärt Wiese den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND).

Ein anderes prominentes Gesicht ist Tilman Kuban von der CDU. Er macht unmissverständlich klar: „Die Grundsicherung kann nur den Menschen zuteilwerden, die tatsächlich Unterstützung benötigen – nicht etwa denen, die nicht arbeiten wollen. Millionen Menschen gehen täglich ihrem Beruf nach und alimentieren dieses Sozialsystem. Beim Bürgergeld dreht sich es nicht bloß um Einsparungen; es geht auch um Fairness und Gerechtigkeit.“

Ein Blick auf die aktuellen Zahlen

Im Jahr 2023 betrugen die Kosten für aktive und passive Bürgergeldleistungen über 52 Milliarden Euro. Insgesamt stark betroffen sind etwa 5,5 Millionen Personen – inklusive Kinder und Jugendliche. Von diesen werden fast vier Millionen als arbeitsfähig angesehen. Dies umfasst alle Personen, die theoretisch bereit und in der Lage wären, mindestens drei Stunden täglich zu arbeiten. Es gibt jedoch viele Bürgergeldempfänger, die bereits einer Beschäftigung nachgehen – mehr als 40 Prozent arbeiten oder befinden sich in einer Ausbildung. Bei 27 Prozent handelt es sich zudem um Kinder und Jugendliche. Lediglich etwa ein Drittel, also etwa 1,8 Millionen Empfänger, sind nicht erwerbstätig, obwohl sie die Möglichkeit dazu hätten. Zu dieser Gruppe gehören auch Menschen mit schweren Behinderungen oder ältere Arbeitslose ohne Berufsausbildung. Lediglich bei 200.000 erwerbsfähigen Betreuungsempfängern sind derartige Merkmale nicht verzeichnet.

Was wäre der nächste Schritt für die Koalition?

Mann Wiese weist darauf hin, dass die große Mehrheit der Bürgergeldempfänger ernsthaft versucht, aus ihrer Arbeitslosigkeit herauszukommen. Viele von ihnen müssen ihre Leistungen aufstocken, weil die Verdienste aus ihrer Arbeit nicht ausreichen, um über die Runden zu kommen. Das lässt vermuten, dass ein höherer Mindestlohn und stärkere Tarifbindungen erforderlich sind, um die prekäre Situation zu entschärfen. Es bleibt jedoch unklar, wie viel Geld durch die geforderten Maßnahmen wirklich eingespart werden könnte. Wiese selbst gibt zu bedenken, dass viele den Eindruck haben, die SPD kümmere sich stärker um die Interessen derjenigen, die nicht arbeiten, anstatt um die hart arbeitenden Menschen. „Unser Ziel ist klar: Wir wollen niemanden gegeneinander ausspielen. Gute Arbeit verdient Respekt, und das erfordert besserer Löhne sowie einen Sozialstaat, der gewährleistet und nicht bestraft,“ sagt er.

Expertenmeinungen aus der Praxis

In einem Interview mit dem Zeitgeist des Jobcenters in Duisburg, einem Hotspot von Bürgergeldempfängern, weist Frank Bööttcher, der Leiter des Jobcenters, auf die geringe Anzahl ‚echter‘ Arbeitsverweigerer hin. Er schätzt sie auf довольно weniger als fünf Prozent. Oft erscheine die Debatte über das Bürgergeld in einer dichotomen Schwarz-Weiß Sicht. „Es wird suggeriert, als würde jeder Empfänger in meiner Social Benefits sitzen und nicht arbeiten wollen oder man behauptet, sie wären alle Opfer eines barbarischen kapitalistischen Systems, wobei jede Forderung nach Mitwirkung einen Angriff auf die Menschenwürde darstelle. Beide Ansichten sind absoluter Quatsch. Wir müssen uns wieder der sachlichen Materie widmen. Solche Polarisierungen schaden unserer Gesellschaft,“ betont Bööttcher.

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