Einigung zum Wehrdienst: Musterung für alle 18-Jährigen – Frauen sind eingeschlossen

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Nach Wochen intensiver Debatten hat die schwarz-rote Koalition endlich einen Kompromiss zum neuen Wehrdienstgesetz gefunden. Dieses sieht eine umfassende Musterung sowie Zielmarken zur Truppenverstärkung vor. So möchten Policymaker Jens Spahn (CDU) und Matthias Miersch (SPD) in einer Pressekonferenz in Berlin klarstellen, dass der Dienst vorerst freiwillig bleibt.

Dennoch gibt es gesetzlich festgelegte Verpflichtungen zum notwendigen Anstieg der Truppenstärke. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) wird alle sechs Monate den Bundestag über die Zahlen zur Truppenverstärkung informieren müssen.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann (vorne l-r), SPD-Fraktionsvorsitzender Matthias Miersch, Vorsitzender der Unions-Fraktion im Bundestag Jens Spahn und Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) bei der Pressekonferenz zur Grundsatzeinigung im Streit um die Wehrdienst-Reform. Quelle: Kay Nietfeld/dpa
Die Akteure der Pressekonferenz zur Einigung der Wehrdienstreform: Alexander Hoffmann, Matthias Miersch, Jens Spahn und Boris Pistorius. Quelle: Kay Nietfeld/dpa

Falls die Freiwilligenzahlen hinter den Erwartungen zurückbleiben, könnte der Bundestag über eine „Bedarfswehrpflicht“ entscheiden, die auch ein Zufallsverfahren zur Rekrutierung beinhaltet.

Um die freiwilligen Dienste mehr auf den Schirm von jungen Menschen zu bringen, haben die Haushaltspolitiker vereinbart, 15.000 zusätzliche Plätze in allgemeinen Freiwilligendiensten zu schaffen, wie Miersch berichtete.

Musterung auch für Frauen

Das neue Wehrdienstgesetz soll spätestens am 1. Januar in Kraft treten. Dann müssen alle 18-Jährigen, unabhängig vom Geschlecht, einen Fragebogen ausfüllen, um deren Motivation und Eignung für den Dienst zu erfassen und über weitere Möglichkeiten des freiwilligen Engagements zu informieren.

Während junge Männer diesen Fragebogen verpflichtend ausfüllen müssen, haben Frauen die Möglichkeit, dies freiwillig zu tun. Spahn erklärte: „Wir möchten mehr Verbindlichkeit bei der Freiwilligkeit erreichen.“

Wer sich entscheidet, den Wehrdienst zu leisten, wird eine Bruttovergütung von 2600 Euro pro Monat erhalten. Für jene, die sich mindestens für ein Jahr verpflichten, wird es zudem einen Zuschuss für den Führerschein für Pkw oder Lkw geben.

Pistorius: „Keine Angst nötig“

Pistorius betont, dass Länder im Norden Europas erfolgreich ein System der Freiwilligkeit implementiert haben und erwartet dieses Konzept auch für Deutschland: „Es gibt keinen Grund für Besorgnis – die leistungsfähigen Streitkräfte minimieren Konfliktrisiken.“ Die Lehren aus dem Kalten Krieg bestätigen, dass gepolsterte militärische Fähigkeiten die Wahrscheinlichkeit von Konflikten verringern.

Kritik von der Bundesschülerkonferenz

Quentin Gärtner, Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz, äusserte seine Bedenken hinsichtlich des aktuellen Wünschels des geplanten Wehrdienstmodernisierungsgesetzes. Er fordert, dass die Regierung auch in Bildungs- und psychische Gesundheitsprogramme investiert, um junge Menschen besser zu unterstützen: „Wir benötigen klare Offline-Signale, dass der Staat Verantwortung übernimmt.“

Seine Forderung: 100 Milliarden Euro für Bildung und psychische Gesundheit.

Der Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz, Quentin Gärtner, kritisiert das Wehrdienst-Vorhaben von Schwarz-Rot. (Archivbild). Quelle: IMAGO/Klaus W. Schmidt
Quentin Gärtner kritisiert den Plan zur Wehrdienst-Regelung von Schwarz-Rot. Quelle: IMAGO/Klaus W. Schmidt

Union stoppte das Gesetz

Im Oktober hatte die Unionsfraktion das bereits vom Parlament beschlossene Gesetz zum Wehrdienst aufgrund von Bedenken gestoppt. CDU und CSU bestehen darauf, dass unmissverständliche Kriterien festgelegt werden, wann der freiwillige Wehrdienst in eine Wehrpflicht übergeht.

Im Angesicht der sicherheitspolitischen Herausforderungen durch Russland und den gezogenen Anforderungen der NATO entspringt der Bedarf, die Bundeswehr von derzeit 182.000 auf 260.000 Soldatinnen und Soldaten zu verstärken. Hier kommen auch Reservisten ins Spiel, deren Anzahl durch die neue Wehrdienstregeln gesteigert werden soll.

Pflichtdienst gefordert

Am Mittwoch bekräftigte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier anlässlich des 70. Jahrestags der Bundeswehr seinen Aufruf zur Einführung eines allgemeinen Dienstes in der Gesellschaft, bei dem sowohl Wehrdienst als auch soziale Dienste für junge Menschen vorstellbar wären.

„Die Bundeswehr braucht eine zuverlässige und gerechte Lösung, um ihre Werte in der Zukunft besser gestalten zu können”, betonte er. Er erinnerte auch an die schweren Anfangsjahre der deutschen Streitkräfte; so musste Deutschland 1955 versichern, 500.000 Soldaten zum westlichen Verteidigungsbund beizutragen, die innerhalb von drei Jahren einsatzbereit sein sollten. Dieses Ziel könne nicht allein durch Freiwillige erreicht werden.

Mit Materialien von dpa und epd.

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