Friedrich Merz hat die AfD zu seinem wichtigsten Gegner erklärt. Doch wie genau die CDU im anstehenden politischen Kampf agieren will, bleibt im Dunkeln. Sein Auftritt war wieder einmal ein Spielplatz für Spekulationen.
Die Worte sollten stark und prägnant wirken, und das taten sie auch. „Diese Partei hat nur ein Ziel: die CDU zu vernichten“, sagte Merz am Montagmorgen im Konrad-Adenauer-Haus in Berlin. Er behauptete weiter: „Die AfD strebt nach einem anderen Deutschland und ihre soweit angedeutete ‚ausgestreckte Hand‘ ist in Wirklichkeit eine zerstörerische Geste.“
Deshalb, so Merz, werde die AfD auf „härtesten Widerstand“ treffen. Und am Ende der Pressekonferenz bekräftigte er: „Wir lassen uns von diesen Leuten nicht kaputtmachen.“
Die Aussagen selbst waren ziemlich klar, allerdings wird nach Merz’ Rede die Diskussion sicher nicht enden. Im Gegenteil, viele hätten noch Fragen, auf die er nur leicht einging, wodurch Raum für weitere Spekulationen entstand.
CDU erörtert strategische Annäherung an die AfD
Am Sonntag retreatete die CDU-Spitze zur Klausurtagung im Grunewald, ungestört in einem gemütlichen Hotel an der Havel, um über die neue Kursrichtung der Partei in Hinblick auf die AfD zu diskutieren. Knapp acht Stunden lang saßen sie zusammen und tauschten sich darüber aus, wie sie bestmöglich durch die kommenden Landtagswahlen navigieren.
Die Gespräche drehten sich um mögliche taktische Zugeständnisse zur AfD, sowohl intern, als auch teilweise nach außen gerichtet. Besonders hell erstrahlte der Vorschlag des ehemaligen, liberalen CDU-Generalsekretärs Peter Tauber, nicht immer nur die „Nazi-Keule“ zu schwingen und stattdessen Mehrheiten bei bestimmten Themen zu suchen.
Der Ansatz brachte große Aufregung sowohl innerhalb der CDU als auch bei der SPD, dem Koalitionspartner. Doch in der Praxis war das bereits geschehen; denn die CDU hatte 2023 im Thüringer Landtag und dann im Januar im Bundestag bereits gemeinsame Beschlüsse mit der AfD gefasst.
Doch, wie aus dem Präsidium zu hören war, spielte dieser Ansatz am Sonntag keine Rolle mehr. Dies hängt damit zusammen, dass die CDU jetzt nicht nur bundesweit an der Macht ist, sondern auch in Thüringen. Derzeit gibt es kein deutsches Parlament, in dem sie zusammen eine Mehrheit mit der AfD gegen eine Regierung bilden könnte.
„Wir haben derzeit beseelt mit der SPD eine Mehrheit im Deutschen Bundestag“, erklärte Merz auf Nachfrage am Montag. „Daher stellt sich diese Frage nicht.“ Die CDU strebt keine gemeinsamen Mehrheiten an – ausdrücklich Nein. Der Trennungsbeschluss zwischen CDU, AfD und Linkspartei gelte weiterhin (darüber wird nicht verhandelt). Und wer etwas anderes behaupte, sei „eine Minderheit“ (einfach gesagt: „Randfiguren“).
Sogar der Gedanke, der AfD strenge Bedingungen für eine mögliche Zusammenarbeit auferlegen zu wollen, um sie zu spalten, sei nicht Teil des Grunewald-Meetings gewesen. Stattdessen befand man sich schnell einig in dem Ziel, die Union – voller Kanzler, dafür halber Staatsoberhäupter und vieler kommunaler Amtsinhaber – müsse endlich aus der Defensive heraus. Das neue Motto: „Wir oder die!“
Beendigung der „Brandmauer“-Rhetorik
Aus diesem Grund soll das Wort „Brandmauer“ nun endgültig eingestampft werden. Es klingt einfach nach Abwehr, nicht nach Offensive. Merz antwortete prompt, als er danach gefragt wurde: „Vielleicht ist Ihnen aufgefallen, dass uns Generalsekretär und ich diesen Begriff nicht verwendet haben.“
Um seine Botschaft klarer zu machen, schloss Merz die Realität so zurecht, wie er es wollte. „Das ist nicht unser Sprachgebrauch, und war es auch nie“, behauptete er.
Nicht zu vergessen, kurz vor seiner Wahl zum CDU-Vorsitzenden im Jahr 2022 betonte Merz ausdrücklich: „Mit mir wird es eine Brandmauer gegen die AfD geben.“
„Hauptgegner“ statt „Brandmauer“
So hat er sich den neuen Begriff „Hauptgegner“ zugelegt. Diesen Begriff stellte er während des Bundestagswahlkampfs in der Withdraw-„Auseinandersetzung“ mit den Grünen vor. „Ich rate jedem, es ernst zu nehmen“, fügte er hinzu: „Wenn wir jemanden als Hauptgegner kennzeichnen, dann bekämpfen wir ihn gefälligst.“
Es ist eher fragwürdig, die Grünen und die AfD auf strategische Weise gleichzusetzen. Aber wie genau soll die neue Offensive umgesetzt werden? Sicher, die CDU will die AfD auf Inhalte herausfordern, aber dies ist weder neu noch speziell dafür gedacht, Merz den Eindruck zu vermitteln.
Hört man innerhalb der CDU, wird klar, die Klausur könnte der Startschuss für einen entscheidenden Kampf gegen die AfD sein: Ihr Extremismus soll benannt und notfalls ans Tageslicht gehoben werden. Weiterhin will man AfD-Themen wie Migration oder Patriotismus ansprechen. Vor allem aber: Angriff ist die beste Verteidigung.
Der Rest ist Hoffnung auf eine wirtschaftliche Erholung, Eindeutigungen von Konflikten und steigende Stimmungen, all das schon im kommenden Jahr der Landtagswahlen.
Merz öffnet Tür für Interpretationen
Doch was passiert, wenn der Angriff nicht fruchtet und das Dilemma bezüglich der AfD 2026 noch schwerwiegender wird? Was geschieht beispielsweise, wenn es in Sachsen-Anhalt keine Mehrheit mehr gegen die AfD gibt oder – womöglich noch unangenehmer für die Union – lediglich mit Unterstützung der Linken?
Wenn Merz mit dieser Frage konfrontiert wird, eilt er zu beteuern, dass die CDU alle Landtagswahlen gewinnen und mit einem Regierungsauftrag hervor gehen will. Er ergänzt kontemplativ: „Und in Abhängigkeit davon werden wir entscheiden, wer Teil einer solchen Regierung sein mag.“ Denn Vergleich: „Was wäre, wenn, darauf geben wir am Tag nach den Wahlen Antwort, nicht vorher.“
In ruhigen Zeiten sind solche Sätze Standard; doch im Finden eines neu deklarierten Kampfes hören sie sich leicht auslotbar an.
