In einem historischen Urteil hat ein Gericht in Brasilien den ehemaligen Präsidenten Jair Bolsonaro zu über 27 Jahren Haft verurteilt. Dies geschah wegen seiner Beteiligung an einem versuchten Staatsstreich. Ein TV-Livestream informierte über die Entscheidung der Mehrheit der Richter des Obersten Bundesgerichts (STF), die den 70-Jährigen für schuldig befanden. Damit ist Bolsonaro der erste brasilianische Präsident, der nach dem Ende seiner Amtszeit für umstürzlerische Pläne verurteilt wurde. Interessanterweise war er selbst nicht anwesend, da er seit Anfang August im Hausarrest ist, nachdem er gegen Auflagen verstoßen hatte. Das Urteil hätte ursprünglich am Freitag verkündet werden sollen.
Der Vorwurf: Pläne für einen Staatsstreich nach der Wahlniederlage
Überzeugt von seiner Schuld haben Staatsanwälte und Richter die Ansicht vertreten, dass Bolsonaro nach seiner Wahlniederlage Ende 2022 einen Staatsstreich mit Unterstützung von Militärs und Verbündeten angestrebt hat. seinem Ziel eine Art Ausnahmezustand herbeizuführen und Neuwahlen zu erzwingen, konnte er jedoch die militärische Unterstützung nicht gewinnen.
Am 8. Januar 2023, kurz nach der Amtseinführung von Luiz Inácio Lula da Silva, stürmten Bolsonaro-Anhänger den Kongress, das Oberste Gericht und den Präsidentenpalast in Brasília. Obwohl Bolsonaro an diesem Tag nicht im Land, sondern in den USA war, sieht das Gericht seine Verantwortung für die Geschehnisse, die sich an diesem Tag ereigneten. Die Anwälte des Ex-Präsidenten wiesen alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe während des gesamten Verfahrens zurück.
Richter Moraes nannte Bolsonaro den „Anführer einer kriminellen Organisation“ und präsentierte zahlreiche Beweise für die versuchten Umsturzpläne. Unter diesen waren öffentliche Angriffe auf das Wahlsystem, geheime Treffen mit Ministern, Gespräche mit Botschaftern und Entwürfe für ein Umsturzdekret, sowie die Ausschreitungen vom 8. Januar. Moraes bemerkte dazu: „Das war kein schöner Ausflug im Park.“
Zusätzlich zu Bolsonaro wurden auch einige hochrangige Militärangehörige und Ex-Kabinettsmitglieder verurteilt, inklusive dem ehemaligen Verteidigungsminister Paulo Sérgio Nogueira, dem Marinechef Almir Garnier und Bolsonaros damaligem Sicherheitsberater Augusto Heleno. Ihnen wurde unter anderem versuchter Staatsstreich und Teilnahmen an klandestinen gesellschaftlichen Aktivitäten vorgeworfen.
Reaktionen in einem gespaltenen Land – Proteste stehen bevor
In Brasilien, wo die Gesellschaft stark zwischen Anhängern des früheren Präsidenten und dem aktuellen Präsidenten Lula polarisiert ist, sehen viele das Verfahren als politisch motiviert. Andere betrachten es als Zeichen der Stärke der Institutionen. Beobachter gehen davon aus, dass in den kommenden Wochen mit Protesten zu rechnen ist.
RND/dpa
