Viele Bürgergeld-Empfänger sind auf Jobsuche nicht aktiv

Estimated read time 3 min read

In einer aktuellen Studie zeigt sich, dass die Hälfte der Bürgergeld-Empfänger in den vergangenen vier Wochen keinen Job gesucht haben. Hauptverantwortlich dafür sind gesundheitliche Probleme sowie die Verfügbarkeit geeigneter Stellen.

Eine Studie, die jetzt von der Bertelsmann-Stiftung veröffentlicht wurde, belegt, dass 50 % der befragten Bürgergeld-Empfänger in den letzten vier Wochen keine Jobsuche unternommen haben. Befragte zwischen 25 und 50 Jahren, die zwischen April und Juni an der Studie teilnahmen, nannten häufig psychische und chronische Erkrankungen als Gründe, sowie einen Mangel an passenden Arbeitsangeboten.

Laut den Ergebnissen von Bertelsmann berichteten 57 % der Befragten, dass sie zuletzt nicht aktiv nach einem neuen Job gesucht haben. Besonders alarmierend ist, dass 74 % derjenigen, die keine Suche initiiert haben, gesundheitliche Probleme damit begründeten. Nahezu die Hälfte (49 %) erklärte zudem, dass es einfach zu wenige passende Stellenangebote gibt.

Ein Viertel (25,5 %) aus der Gruppe der Nicht-Suchenden äußerte, dass ihre finanziellen Verhältnisse sich durch eine Jobsuche wohl nicht verbessern würden. Mehr als ein Fünftel (22 %) der Befragten fühlte sich außerdem durch die Betreuung von Kindern oder Angehörigen gebunden. Etwa 11 % berichteten, sich finanziell mit Gelegenheitsarbeiten über Wasser zu halten.

Thomas Wasilewski (l-r), Bürgergeldbezieher und Ehrenamtlicher bei Tafel Deutschland e.V., Helena Steinhaus, Gründerin Sanktionsfrei e.V., und Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Institutes für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), stellen in der Bundespressekonferenz die Bürgergeld-Studie «Zwei Jahre Bürgergeld aus Sicht der Betroffenen» vor.
Thomas Wasilewski, ein Bürgergeld-Empfänger, und andere präsentieren die Studie zur Lebensrealität der Nutzer während einer Pressekonferenz. Bildquelle: picture alliance/dpa/Bernd von Jutrczenka

Die Bertelsmann-Stiftung wertete diese Ergebnisse als starken Hinweis auf die Notwendigkeit, die Unterstützungssysteme zu überdenken. „Wenn chronische oder psychische Erkrankungen die Integration in den Arbeitsmarkt blockieren, sollte ein Wechsel zu einem passenderen Unterstützungssystem wie der Sozialhilfe oder der Erwerbsminderungsrente in Betracht gezogen werden“, empfiehlt der Experte Tobias Ortmann.

Von all den befragten Bürgergeld-Empfängern geben 45 % an, dass sie unter psychischen oder chronischen Krankheiten leiden. Darüber hinaus berichteten 43 %, dass sie bislang noch nie ein Stellenangebot vom Jobcenter erhalten haben. 38 % hinaus sagten aus, dass sie bei Weiterbildungsmöglichkeiten bislang keine Erfolge verzeichnen konnten. Die Befragungen zeigen auch, dass Jobcenter insbesondere Hauptschulabsolventen Unterstützung anbieten, hingegen Frauen, vor allem Mütter, seltener in den Genuss solcher Angebote kommen.

Selbst die aktiven Jobsuchenden verwendeten laut Studie nur vergleichsweise wenig Zeit für die Stellensuche. Nur sechs Prozent der Befragten bemühen sich, 20 Stunden oder mehr pro Woche umzusehen, während 26 Prozent bis zu neun Stunden pro Woche investieren.

Arge-Logo an der Agentur für Arbeit in Ossendorf. Im Zuge der Winterpause ist die Arbeitslosigkeit im Januar 2025 um 186.000 auf 2.993.000 gestiegen. Die Jobcenter in Deutschland bieten auch Unterstützung für Geflüchtete aus der Ukraine, ihren Lebensunterhalt abzusichern. Dazu gibt es eine monatliche finanzielle Unterstützung, das sogenannte Bürgergeld (Grundsicherung). (Themenbild, Symbolbild) Köln, 17.02.2025
Ein Symbolbild der Agentur für Arbeit zeigt die Umstände, unter denen die Arbeitslosigkeit unter anderem im Januar 2025 gestiegen ist. Während dieser Zeit steht den heutigen Bedürftigen unter anderem das sogenannte Bürgergeld zur Verfügung. Bildquelle: picture alliance/Panama Pictures/Christoph Hardt

Roman Wink, ein weiterer Arbeitsmarktexperte der Stiftung, mahnt an, dass die Jobcenter ihren Fokus neu ausrichten müssen: „Wir brauchen weniger Bürokratie und mehr Vermittlung – die Jobcenter sollten uns dabei helfen, in passende Jobs zu kommen“, erklärt er.

Insgesamt richtet sich die Studie an erwerbsfähige Bürgergeld-Empfänger im Altersbereich zwischen 25 und 50 Jahren, die schon mindestens ein Jahr in diesem Sozialkontakt vermerkt sind. Die Umfrage, die 1006 Befragte umfasst, wurde vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung vorgenommen. Ziel war es, ein besseres Bild von der Lebensrealität der Bürgergeld-Empfänger und den Hürden für die Arbeitssuche zu vermitteln.

Related Posts: