Die aktuellen Probleme mit dem niederländischen Chiphersteller Nexperia stellen eine ernsthafte Bedrohung für die deutsche Autoindustrie dar. Doch bei den Bemühungen, alternative Lieferanten zu finden, scheint Volkswagen positive Fortschritte erzielt zu haben.
Volkswagen versucht, drohende Kurzarbeit in seinen Pkw-Werken wegen eines Chipmangels zu verhindern. „Wir haben einen alternativen Zulieferer, der die Lieferschwierigkeiten von Nexperia ausgleichen könnte“, äußerte Christian Vollmer, Produktionsvorstand von VW, kürzlich im „Handelsblatt“. Aktuell wird mit einem noch unbekannten Unternehmen verhandelt.
Nexperia beliefert VW dem Unternehmen zufolge nicht direkt. „Allerdings finden einige Nexperia-Chips Verwendung in unseren Fahrzeugkomponenten, die wir von unseren direkten Lieferanten beziehen“, teilte Volkswagen am Dienstag mit. Interne Schätzungen zeigen, dass etwa 40 Prozent des globalen Standardchipangebots für die Automobilindustrie von Nexperia stammen.
Übernahme durch die Niederländer aufgrund von Missmanagement
Nexperia gilt als der größte Anbieter von einfachen Halbleitern wie Dioden und Transistoren, hat jedoch aktuell mit Lieferschwierigkeiten zu kämpfen. Der Grund liegt in der frischen Übernahme durch die niederländische Regierung, die den Transfer von kritischen Technologien nach China vermeiden will. Nexperia gehört zum chinesischen Unternehmen Wingtech.
Nach dieser Übernahme legte Peking einen Exportstopp für Nexperia-Produkte fest. Während die Halbleiter auch in Europa hergestellt werden, müssen sie laut Handelsblatt für die Verpackung und Verarbeitung nach China geschickt werden.
Niederländischer Ministerpräsident Dick Schoof erklärte jedoch, dass das Missmanagement des chinesischen Unternehmens die Übernahme ausgelöst habe. Der niederländische Wirtschaftsminister Vincent Karremans stellte klar, dass diese Maßnahme nicht gegen China gerichtet sei, was er in einem Interview mit der Nachrichtenagentur ANP bestätigte, nachdem er mit seinem chinesischen Amtskollegen in Verbindung getreten war, um eine Lösung zu suchen.
Herausforderungen bei der Suche nach neuen Zulieferern
Die Reaktion der Autohersteller auf das Nexperia-Problem ist keineswegs einfach. Peter Fintl, Automobilspezialist bei Capgemini, merkt an: „Obwohl diese Chips in der Regel als Massenware gelten, sind sie oft spezifisch angepasst und daher nur schwer ersetzbar.“ Der Wechsel auf andere Liefern ist oft kompliziert und kann Monate oder sogar Quartale in Anspruch nehmen.
Warnungen vor Produktionsengpässen in der Automobilbranche
Der Verband der Automobilindustrie (VDA) hat bereits auf mögliche Produktionsausfälle hingewiesen, die auf missing Chips zurückzuführen sind. Aktuell läuft die Fertigung in den deutschen Automobilwerken allerdings noch problemlos.
VW warnt jedoch davor, dass es in der nahen Zukunft zu Produktionsengpässen kommen könnte. Mercedes-Benz gab an, dass man „für die kürzere Zeitspanne abgesichert ist“, während der Autohersteller intensiv daran arbeitet, potenzielle Lücken in der Versorgung zu schließen. Ähnlich äußerte sich auch BMW.
Einige Zulieferer wie ZF haben bereits spezielle Gruppen gebildet, um die Herausforderungen zu stemmen und strategisch Lösungen zu erarbeiten, um die Lieferketten aufrechtzuerhalten und alternative Möglichkeiten zu prüfen.
Bosch informierte, dass auch ihnen die Situation Schwierigkeiten bereitet. Die Expertenteams sind in engem Kontakt mit dem Lieferanten sowie anderen Partnern, um Produktionsbeeinträchtigungen soweit wie möglich zu vermeiden.
Bundesregierung auf der Suche nach langfristigen Lösungen
Auch die Bundesregierung ist aktiv auf der Suche nach einer Lösung. Ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums äußerte Besorgnis und vermeldete, dass man im Austausch sowohl mit dem nationalen als auch dem chinesischen Unternehmen sei. Am Mittwoch fand zudem eine Telefonkonferenz mit Vertretern der Automobil- und Elektronikbranche statt.
Gemäß dem Wirtschaftsministerium ist man in verschiedenen Formaten mit Unternehmen in Kontakt. „Wir setzen uns für unsere Interessen gegenüber China für die Abnehmer, die von den gesperrten Nexperia-Komponenten betroffen sind, in vollem Umfang ein“, beschrieb eine Sprecherin des Ministeriums die Aufgabe.
Details wurden nicht veröffentlicht; jedoch berichtete das „Handelsblatt“, dass festgestellt wurde, dass die Branche die Substitution von Nexperia-Chips vorantreiben muss. Gemeinsam arbeiten Politik und Wirtschaft daran, die Lehren aus dem Vorfall zu ziehen, unter anderem, um eine unabhängige Chipindustrie in Europa aufzubauen und die Sicherheitsnetzwerke in den Lieferketten zu verstärken.
