Die Reform des Wehrdienstes nimmt endlich konkrete Formen an! Nach intensiven Verhandlungen haben sich Union und SPD auf die zentralen Punkte geeinigt. Erste Details wurden bereits veröffentlicht.
Eine Verhandlungsgruppe von Union und SPD hat nach wochenlangen Auseinandersetzungen über das neue Wehrdienstgesetz einen grundlegenden Konsens erzielt. Aus Koalitionskreisen verkündeten die Parteien die Einigung, und heute findet eine Sondersitzung der Fraktionen statt, um das Konzept zu diskutieren und absegnen zu lassen.
Der Wehrdienst bleibt zunächst freiwillig. Dennoch haben sich die Koalitionspartner darauf verständigt, dass künftig alle Männer verpflichtend einberufen werden müssen, was bereits anfangs der Woche angedeutet wurde.
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In einer zentralen Frage setzte sich Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) durch: Er sprach sich für die Musterung ganzer Jahrgänge aus. Dagegen legten die Fraktionen dar, nur so viele junge Männer wie nötig einzuberufen, was durch ein Losverfahren entschieden werden sollte.
Das sorgte Anfang Oktober in einer SPD-Tagung für heftige Diskussionen. Eine Pressekonferenz, die die Ergebnisse präsentieren sollte, wurde daraufhin kurzfristig abgesagt.
Pistorius wies darauf hin, dass eine umfassende Wehrpflichtaufnahme wichtig sei, um im Falle eines Verteidigungsfalls festzustellen, wer verfügbar ist. Nach Gesetzgebung ist die allgemeine Wehrpflicht, die 2011 ausgesetzt wurde, in einem Verteidigungsfall automatisch wiederhergestellt.
Detaillierte Pläne für die Wehrpflicht
Die Union legte Wert darauf, dass die Musterung so früh wie möglich beginnt. Laut Gerüchten plant das Bundesverteidigungsministerium, die Musterung im Juli 2027 für die im Jahr 2008 geborenen Männer durchzuführen, wovon auch die geplante Regelung unter Pistorius betroffen ist.
Darüber hinaus wird erwartet, dass Männer einen verpflichtenden Online-Fragebogen ausfüllen müssen. Dieser fragt nach ihrem Gesundheitszustand, Fitness, Ausbildung und deren Bereitschaft, Wehrdienst zu leisten. Für Frauen sowie für jene Dasgesetz, die keine binäre Geschlechtsidentität haben, wird der Fragebogen optional sein. Diese Regel könnte bereits zum Jahreswechsel bei einer Verabschiedung im Bundestag greifen.
Die Union hatte auch durchgesetzt, dass das notwendige Wachstum bei der Bundeswehr festgeschrieben wird. Dagegen stellte sich Pistorius lange, unterstützt von der SPD, die einen Automatismus zur Rückkehr der Wehrpflicht auf ihrem Parteitag im Sommer in Frage gestellt hatte.
Wie aus Koalitionskreisen verlautet, soll bis 2035 ein Korridor festgelegt werden. Sollten die verlangten Zahlen, die sich an den NATO-Verpflichtungen orientieren, nicht erreicht werden, wäre eine Reaktivierung der Wehrpflicht eine Option, aber das müsste durch ein separates Gesetz beschlossen werden.
Losverfahren bei der Einberufung
Pistorius plant, die Wehrpflicht auf Basis einer Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundestages wiederherzustellen. Entgegen dem anderslautenden Gesetzesentwurf sieht sich die Bundesregierung gezwungen, aus militärischen Bedürfnissen nur so viele Männer zu verpflichten, wie tatsächlich erforderlich. Diese Auswahl würde durch ein Losverfahren erfolgen.
Der Status der freiwilligen Wehrdienstleistenden bleibt gleich, was aufgrund von Forderungen der Union in die Hände einer Einigung fiel. Pistorius wollte ursprünglich alle Freiwilligen als Soldaten auf Zeit einplanen, allerdings wird die Vergütung während einer Dienstzeit von sechs bis zwölf Monaten im Vergleich zum bisherigen Sold erheblich angehoben.
Die Einigung wurde am späten Mittwochabend zwischen den Verhandlern und Verteidigungsminister Pistorius erreicht. Neben den verteidigungspolitischen Sprechern Thomas Erndl (CSU) und Falko Droßmann (SPD) waren auch Norbert Röttgen (CDU) und Siemtje Möller (SPD) dabei, sowie die Vorsitzenden von Union und SPD, Jens Spahn und Matthias Miersch wurden in die abschließende Runde eingeladen.
Die Bundeswehr soll aufgrund der Bedrohung durch Russland und der angepassten NATO-Planungen um rund 80.000 auf 260.000 Männer und Frauen in der aktiven Mitte expandieren. Zudem wird die Zahl der Reservisten auf etwa 200.000 steigen, da die neue Wehrpflicht dazu beitragen soll.
