Chaos rund um „Pfizergate“: Wie von der Leyen die EU in ernste Probleme bringt

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Mafiöse Strukturen in Brüssel? EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen steht zunehmend in der Kritik.
Unseriöse Praktiken in Brüssel? Ursula von der Leyen ist zunehmend in der Schusslinie der Kritik.

„Pfizergate“ bekommt ein weiteres Kapitel voller Skandale. Aktuelle Berichte zeigen, dass die EU-Kommission verschiedene Nachrichten von Ursula von der Leyen und dem Pfizer-Chef Albert Bourla, die zu Beginn der Pandemie ausgetauscht wurden, hat verschwinden lassen.

Worum es hier geht, ist alles andere als trivial. Während dieser Verhandlungen einigten sich Brüssel und das amerikanische Pharmaunternehmen darauf, bis zu 1,8 Milliarden Dosen des Corona-Impfstoffs zu liefern, mit einem Gesamtwert von etwa 35 Milliarden Euro. Laut der New York Times war der unmittelbare Kontakt zwischen von der Leyen und Bourla entscheidend für den Erfolg des Deals.

Der schwere Vorwurf steht im Raum, dass die Kommissionspräsidentin hier viel zu früh und zu überteuert Impfstoffe eingekauft hat. Die New York Times fordert seit 2022 Einblick in diese Nachrichten und klagte erfolgreich. Im Mai diesen Jahres entschied das EU-Gericht, dass die Kommission „glaubhafte Erklärungen“ liefern müsse, um aufzuklären, warum die SMS nicht gefunden werden konnten.

Anstatt für mehr Klarheit zu sorgen, bleibt die EU-Kommission jedoch stumm und erklärt, dass die Nachrichten bereits gelöscht worden sind. Der Journalist Alexander Fanta hatte schon im Mai 2021 um Einsicht in die Nachrichten gebeten. Doch der Kabinettschef Björn Seibert entschied sich, die SMS nicht zu sichern. Laut einem Schreiben der Kommission an die New York Times las Seibert diese Nachrichten, hielt sie aber für nicht relevant und hat sie deshalb nicht archiviert. Nach mehrmaligem Handykauf sind sie jetzt endgültig verschwunden – spätestens seit Juli 2023.

Die Auffassung der Kommission lautet, dass nur Dokumente archiviert werden müssen, die bedeutende, nicht flüchtige Informationen enthalten. Diese Kriterien zeigen jedoch angesichts des politischen Gewicht des Geschäfts – immerhin der größte Vertrag in der Geschichte der EU – wie absurd dieses Vorgehen ist. Erinnerungen an 2019 werden wach, als SMS-Nachrichten von von der Leyen auf zwei Diensthandys in ihrer letzten Rolle als Bundesverteidigungsministerin gelöscht wurden. Dies führte zu einer Strafanzeige gegen sie und Provokationen im Untersuchungsausschuss des Bundestags, da die Nachrichten in der sogenannten Berateraffäre als Beweismittel gefordert wurden.

Im „Pfizergate“ bleiben entscheidende Fragen unbeantwortet. Warum wurde die Existenz dieser Nachrichten nicht klargestellt, nachdem sie 2021 von Seibert gelesen wurden? Warum beharrt die Kommission auf ihrer Version, dass die Nachrichten nicht existieren? Und wie kommt es, dass sie verschwunden sind, als die Herausgabe beantragt wurde?

Wer denkt, dass die Pfizer-Affäre ein einmaliger Vorfall im Wirbelsturm der Pandemie war, irrt sich. Das gleiche Muster ist auch bei der geplanten massiven Aufrüstung der EU zu beobachten: Bis 2030 sollen etwa 800 Milliarden Euro in die Verteidigungsindustrie fließen – für Munitionskäufe, den Bau neuer Fabriken und Direktverträge. Auch hier mangelt es an Transparenz, parlamentarischer Überwachung und öffentlicher Debatte. Wer legt fest, welche Prioritäten gesetzt werden? Auf welcher rechtlichen Grundlage werden derart große Summen ausgegeben? Und warum werden dabei Finanzregelungen über Bord geworfen, die bei sozialen und gesundheitspolitischen Investitionen bei weitem weniger flexibel gehandhabt werden?

Wenn der Eindruck bei den Impfstoffverhandlungen entsteht, dass von der Leyen Pfizer durch geheime Abstimmungen ein Quasi-Monopol verliehen hat, drängt sich die Frage auf, ob sich diese Taktik auch in der Rüstungsindustrie wiederholt.

Die frühere EU-Ombudsfrau Emily O’Reilly äußerte zu Beginn des Jahres, dass von der Leyen ein mafiöses Netzwerk aus nicht gewählten Technokraten etabliert habe, das die EU dominiert. Diese Analyse könnte treffender nicht sein. Es wäre jedoch noch wichtiger zu erwähnen, dass die Leistung von von der Leyen äußerst bescheiden ist. Kürzlich wurde sie von Donald Trump bei Zollverhandlungen überlistet, und im Bereich Außenpolitik hat Brüssel kaum noch Einfluss. Im Zusammenhang mit der Ukraine-Politik nimmt die EU nicht an Verhandlungen teil und konzentriert sich seit drei Jahren lediglich auf Waffenlieferungen – ohne erkennbare Strategie. Und im Nahostkonflikt scheitert von der Leyen, wenn es darum geht, Israels Angriffe auf Gaza zu sanktionieren. Der frühere EU-Außenbeauftragte Josep Borrell warf ihr daher nun „Mitschuld am Völkermord“ vor.

Im Dezember 2019 kehrte Ursula von der Leyen in die Stadt ihrer Kindheit Brüssel zurück, mit dem Anspruch, die EU visionär zu leiten. Heute, mehr als fünf Jahre später, wird klar: Sie hat die EU in todbringende Schwierigkeiten gesteuert. Hätte sie auch nur einen Funken Anstand, würde sie nach den jüngsten Enthüllungen im „Pfizergate“ ihren Rücktritt überlegen.

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