Der Kreml und der US-Präsident sprechen davon, dass die Ukraine bald auf der Verliererstraße ist. Doch aus der Ukraine und von verschiedenen Fachleuten kommen klare Gegenstimmen. Die Lage ist alles andere als eindeutig.
Wenn man sich die Situation an der Front in der Ukraine anschaut, sollte man zwei Aspekte bedenken: Erstens, das, was tatsächlich passierte. Zweitens, wo jeder, von den USA über die Ukraine bis hin zu Russland, seine eigenen Wahrheiten verbreitet. Und da wird jede Menge behauptet.
Trump und der Kreml über den Verlust der Ukraine
Vor kurzem äußerte sich US-Präsident Donald Trump in einem Interview mit Politico, dass Wolodymyr Selenskyj „aufwachen“ und akzeptieren müsse, dass die Ukraine „verliert“. Gleichzeitig hagelt es aus Russland Erfolgsmeldungen, während die US-Anforderungen in sämtlichen Friedensverhandlungen äußerst großzügig übernommen werden.
Je mehr die USA den Eindruck einer bevorstehenden Niederlage der Ukraine erwecken, desto mehr sehen sie dies als Druckmittel, um Wegzugeständnisse in den Friedensverhandlungen gegenüber Russland durchzusetzen. In der Zwischenzeit bemühen sich die ukrainischen Vertreter trotzdem um ein Bild der Hoffnung und betonen, dass die Lage zwar kompliziert, jedoch nicht hoffnungslos ist.
Kommandeur Hlushko hebt Erfolge gegen Russland hervor
So geht auch Oleh Hlushko, ein Bataillonskommandeur im Südosten, vor. Laut dem Wall Street Journal, berichtete er über die russische Armee: „Manchmal gelingt es ihnen, ihre Flagge zu hissen und zu behaupten, dass sie ein Gebiet eingenommen haben, aber beim nächsten Mal führen wir Säuberungsaktionen durch, entfernen die Flaggen und behalten die Kontrolle.“
Er fährt fort, dass seine Soldaten oft in der Lage seien, die kleinen russischen Infanterieeinheiten, die angreifen, zu neutralisieren. Doch durch die schiere Größe der feindlichen Truppen schlüpfen manchmal welche durch.
Am Freitag veröffentlichte Zelenskyj ein Video via Telegram, das auch in anderen sozialen Medien geteilt wurde und ihn angeblich in Kupjansk an der nördlichen Front zeigt. Dabei hatte der russische Armeegeneral im November die Einkesselung der Stadt ausgerufen.
Faktenlage: Probleme der Ukraine und Verluste Russlands
Trotz dieser Berichte bleiben die Herausforderungen für die Ukraine auf dem Schlachtfeld echt. Das geht aus all den Experteneinschätzungen hervor, die der Tagesspiegel in den letzten Monaten eingeholt hat. Der Mangel an Soldaten ist besonders kritisch, wobei der Westen nicht weiter helfen kann, ohne sich direkt einmischen zu müssen.
Russland hingegen hat nach wie vor die Überlegenheit bei den Soldaten. Das sorgt dafür, dass die Invasionsstreitkräftegebiet erobern – wenn auch sehr langsam und mit hohen Verlusten. Zudem haben die russischen Streitkräfte ihre Nutzung von Drohnen in der Offensive verstärkt, was den vorherigen militärischen Vorteil der Ukraine an einigen Orten schmälern konnte.
Hält diese Entwicklung an, könnte die umkämpfte Frontstadt Pokrowsk in naher Zukunft fallen, und der Zusammenbruch der ukrainischen Armee ist nicht ausgeschlossen, nur weil Russland in der Ressourcenkrise länger durchhält.
Expertenmeinung: Die Front hält stand
Trotz alledem glauben die Experten des US-Instituts für Kriegsstudien (ISW), dass die Front vorerst nicht brechen wird. In ihrem aktuellen Lagebericht stellen sie fest, dass die russischen Fortschritte auf wenige kleine Frontabschnitte konzenriert sind und dass die russische Propaganda überwiegend übertriebene Berichte und kleine infiltrative Aktionen verwendet, um eine massenhafte Offensive vorzutäuschen. Genau so, wie es sich Wladimir Putin wünscht. Wäre es nach ihm gegangen, hätte sein Militär bereits 2022 Kiew eingenommen und die Ukraine zu einer Kapitulation gezwungen.
