Realität des Friedensplans: Hamas und ihre Waffen

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Viele arabische Staaten zeigen sich zwar offen für die Entwaffnung der Hamas und das Engagement von Truppen zur Stabilisierung, doch die Terrorgruppe selbst scheint nicht gewillt zu sein, ihre Waffen niederzulegen. Ein kürzlicher Fund durch Israel lässt auf ganz andere Tatsachen schließen.

Am Montag zählte der Friedensplan von Donald Trump zu den Themen, die international Beachtung fanden. Der UN-Sicherheitsrat stellte sich nach mehrheitlichem Beschluss hinter das amerikanische Konzept und die Idee der Entsendung von Stabilisierungstruppen. Dennoch ist der Weg zur dauerhaften Befriedung des Gazastreifens noch lange nicht geebnet. Trotz der Vorstöße aus Israel, verkündete Premier Benjamin Netanjahu,

ARCHIV – 24.12.2023, Israel, Tel Aviv: Benjamin Netanjahu, Ministerpräsident von Israel. (Bezug zur Agentur: „Israel will gegen Siedlergewalt vorgehen“) Foto: Ohad Zwigenberg/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Bislang haben die Debattierenden allerdings nur die erste Phase des Trumpschen Plans formal anerkannt. Diese sieht einen teilweisen Rückzug Israels in eine erste Waffenstillstandslinie – die sogenannte „gelbe Linie“ – vor. Außerdem ist ein Austausch aller verbleibenden israelischen Geiseln vorgesehen gegen palästinensische Häftlinge.

Die folgenden Phasen des Plans beinhalten dann den Rückzug Israels aus weiteren Gebieten, die Entsendung einer Stabilisierungstruppe, die Entwaffnung der Hamas sowie die Bildung einer palästinensischen Technokratenregierung, die unter internationaler Aufsicht stehen soll. Bislang zeigt sich die Hamas jedoch wenig beweglich und ist nicht bereit, ihre Macht im Gazastreifen einzubüßen oder sich entwaffnen zu lassen.

Diese Haltung spricht dafür, dass die Hamas daran festhält, militärisch gegen Israel vorzugehen. Ihre Waffen sind für sie unverzichtbar, um ihre Kontrolle in Gaza zu sichern. Die Ereignisse vom 7. Oktober haben jedoch dazu geführt, dass Israel nicht bereit sein kann, einer möglichen Bedrohung für die eigenen Zivilisten durch die Terrororganisation tatenlos zuzusehen. Dies ist auch in Trumps Friedenplan verankert und wird mittlerweile vom UN-Sicherheitsrat bestätigt.

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Die USA arbeiten daran, die Hamas zur Einwilligung in die Entwaffnung zu bewegen, was für die nächsten Schritte von Trumps Friedensplan notwendig wäre. Dementsprechend war für diesen Mittwoch ein Treffen in Istanbul zwischen dem amerikanischen Nahost-Diplomaten Steve Witkoff und einer hochrangigen Hamas-Delegation um Khalil al-Hayya angekündigt.

In letzter Zeit hatte Witkoff den Versuch unternommen, eine „kleine“ Einigung zwischen beiden Diskutanten zu erzielen, welche als Pilotprojekt dienen könnte. Berichten zufolge könnten sich etwa 100 bis 200 Hamas-Kämpfer in unterirdischen Tunneln unter der Stadt Rafah aufhalten, die von Israel kontrolliert wird. Witkoff setzt sich dafür ein, dass diesen Kämpfern sicherer Durchlass – entweder in den nicht besetzten Teil Gazas oder ins Ausland – gewährt wird.

EIn Hamas-Mitglied steht an der sogenannten Gelben Linie
Ein Mitglied der Hamas steht an der sogenannten Gelben Linie REUTERS/DAWOUD ABU ALKAS

Israel hat dies bisher abgelehnt, aber die Amerikaner hoffen, dass eine Einigung hier Vorbildcharakter für die noch etwa 20.000 verbleibenden Hamas-Kämpfer in Gaza haben könnte. Ob jedoch die Kämpfer in den Tunneln bereit sind, ihre Waffen niederzulegen, bleibt ungewiss.

Die Frage der Entwaffnung der Hamas ist dringend und entscheidend für die künftige Lage in Gaza. Sollte die Gruppierung sich weiterhin sträuben, ihre Waffen abzugeben, bleibt die Rückkehr zur Macht sowie zukünftige Kriege mit Israel nahezu unausweichlich.

Darüber hinaus wird die Bereitschaft anderer Staaten, Truppen für eine Stabilisierungsoperation bereitzustellen, stark davon abhängen, ob sie sich einer bewaffneten Terrororganisation gegenübersehen oder nicht. Clifford May, Präsident der Foundation for the Defense of Democracies und Nahost-Experte, merkt an: „Solange die Hamas sich nicht zur Entwaffnung bereit erklärt, werden die meisten Länder zögern, Soldaten für eine Stabilisierungstruppe abzustellen. Der Wiederaufbau Gazas wird dann bestenfalls langsam vorangehen.“

Clemens Wergin berichtet seit 2020 als Chefkorrespondent über die Außenpolitik für die WELT und konzentriert sich dabei auf Themen wie den Ukraine-Konflikt, den Nahen Osten und die USA.Clemens Wergin berichtet als Chefkorrespondent über Außenpolitik, insbesondere zu den Begebenheiten in der Ukraine und im Nahen Osten.

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