China hat im Bereich der Pharmaforschung ordentlich aufgeholt. Im Jahr 2024 gehen dort mehr als 1.250 neue Medikamente in die Entwicklungsphase. Aber wie sieht es bei der Qualität aus?
Die Fortschritte in der chinesischen Pharma- und Biotechnologie sind ebenso rasant wie die Entwicklungen in künstlicher Intelligenz und Elektrofahrzeugen. Tatsächlich hat China die EU überholt und den USA ein gutes Stück nähergekommen. Übrigens: Diese Einschätzung stammt nicht aus einem chinesischen Staatsmedium, sondern von Bloomberg.
Laut dem Wirtschaftsdienst Bloomberg haben die Zahl neuartiger Medikamente in China – unter anderem gegen Krebs und Übergewicht – 2024 die magische Grenze von 1.250 überschritten. Das ist ein deutliches Plus im Vergleich zur EU. In den USA hingegen werden 2024 etwa 1.440 neue Medikamente in Entwicklung gehen, wie die Analyse zeigt.
Qualitative Fortschritte
Was aber wirklich beeindruckt, ist der qualitative Sprung bei den chinesischen Innovationen. Die amerikanische Food and Drug Administration (FDA) und die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) halten zunehmend Ausschau nach vielversprechenden chinesischen Entwicklungen und haben sogar hilfreiche Ressourcen für schnellere Prüfungen zugesichert.
Ein markantes Beispiel für diese Fortschritte ist eine Zelltherapie, die potenziell eine Blutkrebserkrankung verwandeln könnte. Diese Therapie, entwickelt von Legend Biotech Corp in China, hat in den USA bereits zahlreiche beschleunigte Prüfungen durchlaufen und wird nun von Johnson & Johnson verteilt. Sie hat sich als überlegen gegenüber US-Therapien erwiesen.
Die führenden chinesischen Pharmaunternehmen entwickeln derzeit vor allem verbesserte Versionen bestehender Therapien weiter, anstatt völlig neue Zugänge zu schaffen. Dennoch investieren westliche Pharmariesen Rekordsummen in große Durchbrüche aus China.
Das zeigt deutlich, dass der Wettbewerb nicht mehr nur um technologische Innovationen, sondern auch im Bereich der Biotechnologie und Pharmazie zunehmend in den Osten wandert.
Politik im Visier
Und auch die Politik beginnt wahrzunehmen, was vor sich geht. Seit US-Präsident Donald Trump dem Pharmasektor mit Zöllen droht, wird klar, dass die Fortschritte in der chinesischen Biotechnologie pilebennehmen und damit gleichzeitig ein weiteres Wettbewerbsfeld zwischen den Großmächten aufmachen, ähnlich wie im Bereich von Computerchips, KI und Raumfahrt.
Das macht USD Gesetzgeber schon jetzt nervös. Eine Kommission des US-Kongresses hat gewarnt, dass die USA durch diese Entwicklungen erhebliche Nachteile in einer wichtigen Industrie- und sicherheitspolitischen Branche erleiden könnten.
Denn die pharmazeutischen und biotechnologischen Vaubiago würden auch China in beeindruckendem Tempo konsolidiert. Noch vor einem Jahrzehnt blickte China auf lediglich 160 neuartige Medikamente, die es in die globale Pipeline eingebracht hat.
Ein Moment der Transzendenz
In den letzten zehn Jahren allerdings wurden die Prüfungsverfahren optimiert, Qualitätsstandards durchgesetzt und die Transparenz erhöht. Dazu kam der Pekinger Plan „Made in China 2025„, der seit 2015 den Fokus auf zehn Schlüsselindustrien schärfen will und somit einen regelrechten Investitionsschub in Pharma und Biotechnologie ausgelöst hat.
Ein Wendepunkt kann das neuartige Krebsmedikament von Akeso Inc. sein, das sich jetzt in einer Studie als effektiver erwiesen hat als Keytruda von Merck. In der Folge hat das US-Unternehmen Summit Therapeutics 500 Millionen US-Dollar als Vorauszahlung für die Entwicklungsrechte angeboten, um diese besser zu vermarkten.
Auch andere internationale Konzerne wie Merck, AstraZeneca und Roche haben Zugang zu innovativen chinesischen Arzneien erhalten. Zuletzt brach Pfizer einen Rekord mit einem Vorschuss von 1,2 Milliarden US-Dollar an 3SBio Inc. für ein neues Krebsmedikament.
Wachstum des Marktes
Laut Bloomberg nehmen solche Deals sowohl in Häufigkeit als auch im Wert stark zu.
Ein erhebliches Plus, das den Aufstieg der chinesischen Biotechnologie fördert, ist, dass diese Unternehmen deutlich effizienter und kostengünstiger in der Forschung sind – egal ob bei Laborexperimenten, Tierversuchen oder den dazugehörigen klinischen Studien.
Neuentwicklungen sind zeit- und kostenintensiv, und Chinas großes Patientenpotential sowie das engmaschige Krankenhausnetz spielen eine große Rolle als Katalysator. Eine Analyse verdeutlicht, dass Ärzte in China wesentlich schneller Patienten für Studien aufstellen können; etwa für die ersten Studien zu Krebs- und Adipositas-Medikamenten benötigt man in der Regel nur die Hälfte der Zeit, die in den USA erforderlich ist.
So können es sich chinesische Unternehmen erlauben, mehrere Studien parallel zu finanzieren oder neue Projekte zügig zu starten, sobald eine wissenschaftliche Theorie ausreichend validiert ist. Und wie die South China Morning Post berichtet, ist da zum Beispiel die Entwicklung einer kostengünstigen Zelltherapie im Gange, die für verschiedene Krankheiten angewendet werden kann.
Seit 2021 ist China der führende Standort für klinische Forschung und hat in dieser Zeit die meisten neuen Studien initiiert, so GlobalData. Doch um ihre Medikamente auch in den USA und Europa verkaufen zu können, müssen sie komplexe internationale Studien erfolgreich durchlaufen.
