Die Filmsynchronisation hat in Europa eine lange Geschichte, aber die Zeiten ändern sich. Künstliche Intelligenz (KI) erlaubt heute die Erstellung von fremdsprachigen Versionen mit den Originalstimmen der Schauspieler. Einige, die in der Branche tätig sind, fordern nun dringend faire Bedingungen für die Nutzung ihrer Stimmen, und das in ganz Europa.
In den deutschen Kinos sind die Stimmen von Synchronsprechern wie Daniela Hoffmann und Manfred Lehmann vielen bekannt, auch wenn man ihre Gesichter nicht kennt. Diese beiden geben Hollywood-Stars wie Julia Roberts und Bruce Willis eine Stimme. Doch diese hübschen Zusätze könnten bald der Vergangenheit angehören, sollen immer mehr stimmen. Cédric Cavatore vom Verband Deutscher Synchronsprecher zieht Vergleiche zur „Wild-West-Mentalität“ im Internet und warnt, dass große Tech-Firmen scheinbar ohne jede Hemmung urheberrechtlich geschütztes Material verwenden, nur weil es online zu finden ist.
„Wir müssen die Nutzung unserer Stimmen regulieren“, sagt Cavatore, der eine Vielzahl von Dokumentarfilmen und Videospielen synchronisiert hat. Synchronisation ist für ihn viel mehr als nur Übersetzen – sie ist eine Art kultureller Transfer.
Besonders besorgt zeigt sich auch Boris Rehlinger, der unter anderem die Stimmen von Ben Affleck und Joaquin Phoenix in den deutschen Versionen synchronisiert hat. „Meine Stimme wurde zwar noch nicht durch KI ersetzt, doch ich empfinde eine ständige Bedrohung“, kommentiert er. „Es ist an der Zeit, Regeln zu schaffen – ebenso wie wir Straßenverkehrsordnungen benötigen, wenn sich unsere Fortbewegungsmittel ändern.“
Der Verband fordert, dass Unternehmen für die Nutzung von Stimmen in KIs zunächst die ausdrückliche Erlaubnis der betreffenden Schauspieler einholen müssen, und es braucht ein gerechtes Vergütungssystem sowie eine Kennzeichnung aller KI-Inhalte. Bereits über 75.500 Menschen unterstützen diese Initiative.
Eine gediegene Kunstform unter Druck
Die Tradition der Synchronisation ausländischer Filme ist in Europa sehr stark. Laut der Marktforschungsfirma GWI ziehen über 43 Prozent der Zuschauer in Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien synchronisierte Versionen Filmen mit Untertiteln vor. In Deutschland wird enhaltlich hochwertige Synchronisation besonders geschätzt. Eberhard Weckerle, Geschäftsführer des Synchronstudios Neue Tonfilm München, erklärt, dass es hier seit Jahrzehnten eine ausgeprägte Synchronkultur gibt.
Obwohl neue Technologien wie KI nicht ignoriert werden sollten, warnt Weckerle: „Künstliche Intelligenz ist ein praktisches Werkzeug, aber es gibt auch das Risiko, dass die Qualität darunter leidet, wenn Produzenten nur die Kosten gesenkt sehen. Und das wäre katastrophal für die Branche!“
Ein jüngstes Beispiel zeigt dies deutlich: Der Streamingdienst Viaplay musste die deutsche Fassung seiner polnischen Krimiserie „Mörderinnen“ zurückziehen, weil Zuschauer mit den monotone Dialogen, die KI generiert hatte, unzufrieden waren. Viaplay denkt mittlerweile über Alternativen nach.
Streaming-Markt: Milliardensummen im Goldrausch
Laut Schätzungen wird der gesamte Synchronisationsmarkt in diesem Jahr Einnahmen von etwa 4,3 Milliarden Dollar generieren, mit einer Verdopplung bis 2033 auf ungefähr 7,6 Milliarden Dollar. Dieses Wachstum wird vor allem von großen Streaming-Plattformen wie Netflix angeheizt, die lokale Produktionen weltweit vermarkten. Serien wie die südkoreanische Hits „Squid Game“ oder das französische „Lupin“ haben maßgeblich dazu beigetragen. Netflix arbeitet zudem an KI-Techniken, die den Originalstimmen der Darsteller noch kreativer werden sollen – allerdings werden die Dialoge nach wie vor von Schauspielern gesprochen, lassen sie die Expertise der Menschen nicht ganz zurück.
Stefan Sporn vom Kölner Unternehmen Audio Innovation Lab weist darauf hin, dass die vollständige Integration von KI in die Synchronisation bevorsteht. Es wird absehbar, dass die verwendeten Originalstimmen aus kreativen Gründen auch künftig unersetzlich bleiben, um Emotionen authentisch laufen zu können. Die Mischung von Mensch und Maschine scheint der Weg der Hybridlösungen bei Start-ups wie DeepDub und Flawless AI zu sein.
Cavatore von VDS merkt jedoch an, wie notwendig es ist, geschützte Werke rechtlich abzusichern, bevor die Schöpfung dieser einem gefährlichen Kreislauf in der Reproduktionskette ausgesetzt sind. Nur so kann die Angst, dass geistiges Eigentum» in die falschen Hände gerät«,verringert werden. Der Verband kooperiert außerdem mit United Voice Artists, einem globalen Netzwerk von Synchronsprechern, das sich für einen verantwortungsvollen Umgang mit KIs und faire Bezahlung einsetzt. Vor kurzem haben die Synchronsprecher in den USA einen Konsens mit Film- und Fernsehstudios darüber अगर Bedingungen in Sichtweite.
