Es war einmal normal, durch Google zu stöbern, Paypal für Kosten zu nutzen oder über WhatsApp zu kommunizieren. Doch die Zeiten ändern sich, denn immer mehr Menschen haben ein mulmiges Gefühl, wenn es um diese großen US-Tech-Konzerne geht. Datenschutz, technologische Abhängigkeit und digitale Souveränität stehen nun viel mehr im Fokus.
Das Unbehagen hat viele Gründe. Laut Florian Glatzner von der Verbraucherzentrale haben viele Nutzer mittlerweile ein gereiztes Gefühl, wenn es um Produkte aus den USA — und nicht nur China — geht. Dabei sind die Unternehmen oft kritischer zum Datenschutz eingestellt als die Normalbürger. Dennoch scheint sich auch in den Haushalten langsam, aber sicher, ein Umdenken anzubahnen, da Misstrauen gegenüber Bequemlichkeiten wächst.
Windows 10 verliert Support und schürt Unmut
Eine der Ursachen für den Rückgang des Vertrauens in diese großen Konzerne sind nicht nur der Datenschutz, sondern auch unangenehme Entscheidungen. So hat Microsoft die Beendigung des kostenlosen Supports für Windows 10 auf den 14. Oktober angekündigt. Wer weiterhin Sicherheitsupdates braucht, muss sein Geld auf den Tisch legen. Und wer Windows 11 nutzen möchte, muss möglicherweise auch in neue Hardware investieren. Dies führt laut Kritikern nicht nur zu unnötigen Ausgaben, sondern auch zu einer neuen Welle an Elektroschrott.
Aber die Liste der Probleme hört hier nicht auf. Auch bei dem beliebten Zahlungsdienst Paypal kam kürzlich eine Sicherheitslücke ans Licht: Die Systeme versagten, was dazu führte, dass betrügerische Abbuchungen nicht rechtzeitig blockiert werden konnten. In der Folge stoppten viele Banken die Zahlungen. Dies motiviert viele Nutzer, sich nach europäischen Alternativen wie der Wallet „Wero“ oder der Neobank „Revolut“ umzusehen.
Wero ermöglicht es, Geld in Echtzeit über Handynummern oder E-Mails zu transferieren. Zuerst war der Dienst nur in Banken-Apps verfügbar, ist jetzt aber auch separat nutzbar. In Deutschland ist die Bekanntheit allerdings noch recht gering — ähnlich wie bei dem französischen KI-Startup Mistral AI, das mit „Le Chat“ auf Open Source und Datenschutz setzt. In Deutschland hat das Startup Aleph Alpha ebenfalls etwas zu bieten, fokussiert sich jedoch stärker auf den B2B-Markt.
Politik fordert mehr digitale Souveränität
Das Thema geht aber weit über das individuelle Nutzerverhalten hinaus. Laut einer Umfrage von Bitkom glauben 68 % der Deutschen, dass das Land im Bereich Künstliche Intelligenz zu abhängig von den USA und China ist. 60 % wünschen sich mehr Unabhängigkeit von amerikanischen KI-Anbietern.
Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) empfiehlt Nutzern, bei digitalen Produkten kritisch zu sein: Wer hat Zugang zu meinen Daten? Wie transparent wird mit Sicherheitslücken umgegangen? Die Vorschläge zielen auf einen verantwortungsbewussteren Konsum, der nicht nur eine technische, sondern auch eine politische Dimension hat.
Deutschland und Frankreich wollen hier ein Zeichen setzen: Am 18. November laden sie gemeinsam mit der EU-Kommission zu einem Gipfel über digitale Souveränität nach Berlin ein. Bundeskanzler Friedrich Merz betont die wirtschaftliche Dringlichkeit dieser Initiative: „Das ist wichtig für die Widerstandsfähigkeit unserer Volkswirtschaften“, sagte er am Freitag (29. August) nach einem Gespräch mit Präsident Macron.
