Als Friedrich Merz die Bühne betritt, erklingt das Lied „High Hopes“. Geschriebene große Hoffnungen – das ist es, was die Mitglieder der Jungen Union in ihn gesetzt haben. Auf ihrem Deutschlandtag im Europapark Rust wollen sie den Vorsitzenden der CDU daran erinnern.
Merz, der vor fünf Jahrzehnten ebenfalls in der Jungen Union aktiv war, gibt sich nun mit 70 als zukünftiger Bundeskanzler und kündigt eine politik an, die an die Enkelgeneration denkt. Die Frage, die vielen unter den Mitgliedern auf der Zunge liegt, ist jedoch, wie ernst er es wirklich meint, besonders im Hinblick auf das umstrittene Rentenpaket der Regierung. An diesem Ort des Unterhaltungsparks ist die Stimmung doch eher lauwarm.
Der Empfang am Samstagmorgen gestaltet sich nett, jedoch lang nicht so euphorisch wie im vorherigen Jahr, als Merz in Halle als Kanzlerkandidat gefeiert wurde. Damals war er eine echte Hoffnungsträger für die jungen Konservativen. „Oh, wie ist das schön“, sangen sie und hielten Plakate mit Aufschriften wie „Mehr Sauerland für Deutschland“ hoch. Der Vorsitzende der Jungen Union, Johannes Winkel, erinnerte in seiner Eröffnungsrede zum Deutschlandtag daran. Die JU hat Merz jahrelang unterstützt, hat im Wahlkampf für ihn geworben und hart gearbeitet. „Ohne die JU wäre die CDU bei der Bundestagswahl 2025 nicht gewonnen! Ohne die Junge Union wäre Friedrich Merz unmöglich Parteivorsitzender geworden – geschweige denn Kanzler!“
Merz sendet eine „herzliche Bitte“ an die Delegierten
In seiner Rede bedankt sich Merz ausdrücklich für den Einsatz der Jungen Union. Nach ungefähr 25 Minuten spricht er dann die Kernthemen an, die die jungen Delegierten am meisten beschäftigt: die Rentenpolitik. „Wir haben da echt hart für gekämpft“, stellt Merz klar. Die junge Generation soll schließlich nicht für die gescheiterten Entscheidungen der Älteren aufkommen. Allerdings wird er auch klar: „Bis 2031 wird es eine Haltelinie für das Rentenniveau geben”, was Merz als ein Zugeständnis an die Sozialdemokraten bezeichnet.
Winkel, der auch im Bundestag sitzt, hat am Tag zuvor dem bereits vom Kabinett akzeptierten Gesetzesentwurf erneut eine klare Absage erteilt: „Dieses Rentenpaket kann nicht umgesetzt werden! Die Argumente stehen fest. Die Fakten sind auch deutlich. Die Bewertung ist eindeutig.“
Der Gesetzentwurf des Sozialministeriums aus SPD-Hand sieht vor, das Rentenniveau bis 2031 bei 48 Prozent zu halten und dazu die sogenannte Mütterrenten – ein Anliegen der CSU – anzuheben. Auch die Junge Gruppe im Bundestag ist gegen diese Rentenreform, sie besteht aus 18 Abgeordneten, die zum Zeitpunkt der Wahl im Februar nicht älter als 35 Jahre waren. Seine Worte sind klar: Gerade weil CDU, CSU und SPD im Bundestag nur über eine knappe Mehrheit von zwölf Stimmen verfügen, könnte die Junge Union das Rentenpaket letztlich scheitern lassen. Der Vorwurf, das Rentenpaket führe zu üppigen Folgekosten von bis zu 120 Milliarden Euro, wird ebenfalls laut. Das ist für die künftige Generation eine schwere Hypothek.
Merz thematisiert diese Aspekte in seiner Rede und appelliert an die Junge Union sich konstruktiv einzubringen, aber keinen „Unterbietungswettbewerb“ zu veranstalten. Hier muss es nicht darum gehen, das niedrigste Rentenniveau anzubieten – das versteht er als seine „herzliche Bitte“. Ein Raunen geht durchs Publikum. Er betont zudem, dass die gesamte Altersvorsorge ein neues Fundament benötigt und die private Vorsorge gestärkt werden muss.
Nach rund 40 Minuten schließt Merz seine Rede ab. „Jetzt beginnt der spannende Teil“, sagt ein Delegierter grinsend. Die Erwartungen an diesen offenen Austausch mit Merz sind hoch.
Kanzler betrachtet auch die Interessen der Senioren
Eine Delegierte aus Bremen fragt Merz direkt, ob er den Standpunkt der Jungen Gruppe zur Rentenpolitik teile. Zustimmung und Applaus ertönen als er klarstellt, dass die Haltelinie bis 2031 gilt und die auch mit der SPD festgelegt wurde.
Ein weiterer Delegierter lobt Merz für seine Außenpolitik mit dem entsprechenden Kommentar: „Wir haben wieder an Gewicht in der Welt gewonnen.“ Dennoch hat es einen Bericht der Bild-Zeitung merkwürdige Umstände aufgeworfen. Er habe davon gehört, dass Merz für die Arbeitsministerin Bärbel Bas die „Renten-Rebellen“ im Stich gelassen habe. Ob er die Jüngeren im Bundestag verlassen habe, fragt er weiter. Merz antwortet entschieden: „Wir lassen die Junge Gruppe nicht fallen! Niemand bleibt zurück!“
Schließlich drängt ein Delegierter darauf, ob Merz das Rentenpaket selbst „persönlich“ bei sich absegnen könne. Merz erklärt: „Ich kann dem Rentenpaket mit reinem Gewissen zustimmen.“ Dabei betont er, dass dies erst der Anfang einer Diskussion sei. Er will nicht in einen „Unterbietungswettbewerb“ beim Rentenniveau geduckt werden lassen. „Das kann doch wohl nicht euer Ernst sein“, merkt er dazu an. Eines ist ihm klar: Die Union muss mehrheitsfähig bleiben. Seine Rolle als Kanzler und Parteivorsitzender enthält eine Gewichtung von verschiedenen Interessen. Auch die Belange der Senioren sehen er als wichtig an, welche er abdecken möchte,
„Ich freue mich, hier zu sein“
Ein Delegierter aus Nordrhein-Westfalen hebt den Finger, er argumentiert, man solle „nicht um den heißen Brei reden.“ Er hat Merz immer gewählt, da er an ihn glaubt. Auch der derzeitigen Koalition wünscht er gutes Gelingen. Doch auch er will wissen: „Stehen Sie an der Seite der Jungen Union?“ Merz antwortet klar: „Ja.“ Dann bindet er den gleichzeitig vorhandenen Dissens ein: „Ab 2031 rechnen wir dann mit 48 Prozent oder nur 47 Prozent einer Rente?“ Um darauf zu antworten, sagt Merz: „Wir rechnen dann neu.“
Am selben Samstagnachmittag verspricht Vizekanzler Lars Klingbeil in Ulm den Genossen, dass am Rentenpaket nichts mehr geändert werden kann. Das hört ein JU-Delegierter, der daraufhin den Kanzler jat er blot dazu an, ihm die diesbezüglichen Kompetenzen zu verdeutlichen.
Nach etwa 40 Minuten endet auch die Fragestunde und Merz dankt den Delegierten mit den Worten: „Ich hatte Freude, hier zu sein.“
Die Freude teilt jedoch der Landesvorsitzende der Jungen Union Baden-Württemberg, Florian Hummel, nicht. „Die Erwartungen der Delegierten waren hoch. Ich befürchte aber, dass die Enttäuschung sehr spürbar ist. Auswirkungen hatte er nicht!“ zitiert er gegenüber der Rentenreform weiß.“,
